Ein seltsamer Vorfall: Vier Personen fahren vor dem festungsgleichen US-Konsulat in Istanbul vor, drei springen aus dem Wagen und eröffnen das Feuer. Am Ende bleiben drei tote Angreifer und drei tote Polizisten liegen. Der vierte Angreifer fährt mit dem Wagen davon. Was soll das?
»Das war ein Angriff auf eine amerikanische diplomatische Einrichtung«, sagte US-Botschafter Ross Wilson in Ankara über den Feuerüberfall vom 9. Juli 2008. Wirklich? Speziell Attentäter sollte man immer an ihren Taten messen: Drei Angreifer sprangen aus dem Wagen und eröffneten das Feuer – ja, auf wen eigentlich? Auf irgendeinen Konsulatsangestellten oder den Konsul? Auf das Konsulat? Auf die Fenster?
Eben nicht, sondern auf die hauptsächlich türkischen Sicherheitskräfte, von denen denn auch drei ums Leben kamen. Denn die Bewaffneten hatten es offenbar gerade nicht auf die amerikanische Einrichtung oder ihr Personal abgesehen, sondern nur auf die vor allem türkischen Sicherheitskräfte. Da staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich. Ebenso wie der Tagesschau-Korrespondent in Istanbul, Peter Althammer (am 9. Juli 2008, 12.00 Uhr):
»Eins muss man sagen: dieses amerikanische Generalkonsulat liegt sehr gesichert auf einem Hügel außerhalb von der Innenstadt von Istanbul, und es ist praktisch unmöglich, dieses Generalkonsulat auf diesem Weg irgendwie anzugreifen, irgendeine schwerere Beschädigung herbeizuführen. Also wer immer auch diese Tat begangen hat, muss gewusst haben, dass er damit keinen ernsthafte Schaden bei dem Generalkonsulat anrichten wird.«
| Festungsgleiches US-Konsulat Istanbul:
Angriff mit Handfeuerwaffen? |
Verwirrend: Wer könnte das denn wieder sein? Warum wollte er denn keinen ernsthaften Schaden an dem Konsulat anrichten?
Papperlapapp! Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen! Es waren natürlich »Terroristen«, meint der US-Botschafter in der Türkei, Wilson. Wie das? Gibt es Spuren, Zeugen, Dokumente, Bekennerbriefe oder -anrufe? Nicht doch: »Immer, wenn es einen Angriff auf eine diplomatische Einrichtung gibt …, handelt (es) sich mehr oder weniger per definitionem um Terrorismus.« Achso.

Der Botschafter forderte deshalb schon mal mehr Sicherheitskräfte für das Konsulat an. Und nicht nur dort, sondern in der gesamten Türkei sollen die Sicherheitsmaßnahmen für amerikanische Einrichtungen verstärkt werden.
Denn schließlich gibt es dort ja nicht nur mehr oder weniger dubiose Terroristen. Das Land ist darüber hinaus auch Nachbarland des Iran. Und den werden die USA wohl demnächst angreifen. Die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen für US-Einrichtungen in der Türkei werden da gerade recht kommen.
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Gerhard Wisnewski
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