Die Diskretion um die Globalisten-Gruppe der Bilderberger ist ohnehin schon beachtlich. Während um die G-8-Gipfel jedes Jahr ein Riesen-Medienrummel veranstaltet wird, spricht von den Bilderbergern in den Medien kein Mensch. Obwohl sich da nicht acht, sondern rund 100 globale Entscheidungsträger treffen, vom Konzernchef bis zum EU-Kommissionspräsidenten, vom Bundeskanzler bis zum NATO-Generalsekretär. Vor den Treffen gibt es weder Medienrummel noch offizielle Agenda. Die Gespräche selbst sind streng geheim. Doch dieses Jahr wurde noch eins drauf gesetzt: Die wenigen Beobachter der Konferenz wurden auf eine falsche Spur gelockt…
Irgendwie scheint es doch zu nerven, das winzig kleine Häuflein ebenso illustrer wie unentwegter Kritiker, das sich jedes Jahr mit ein paar Plakaten und Kameras bewaffnet vor dem Konferenzhotel der Bilderberger einfindet und versucht, den Globalisten auf die Finger zu schauen. Während selbst das Tagungshotel erst etwa eine Woche vorher erfährt, wen es da beherbergt, sitzen die Kritiker auf gepackten Koffern und durchkämmen das Internet nach jedem kleinsten Hinweis auf Ort und Datum der Tagung. Haben sie einen Anhaltspunkt gefunden, ordern sie ein Flug-Ticket, um den Bilderbergern ihre Aufwartung zu machen. Die scheint das mehr zu stören, als gedacht. Allmählich verschärft sich das Katz- und Maus-Spiel um die Konferenz. Denn diesmal wurde den unliebsamen Verfolgern möglicherweise falscher Hase serviert.
Der Bericht in der griechischen Zeitung Patris war so recht nach ihrem Geschmack. Im Vouliagmeni-Hotel in Griechenland tage Berichten zufolge derzeit der geheime Club der Bilderberger, hieß es da Anfang Mai 2008. Dazu ein typisches Bildchen, wie man es auch sonst von den Konferenz kennt: ein Hoteleingang aus der Ferne mit schwer erkennbaren Personen und ein wenig Polizei davor. Ein bisschen verdächtig war höchstens der frühe Termin. Denn normalerweise treffen sich die Bilderberger eher im Juni oder Juli. Trotzdem war die Aufregung groß: »Bilderberg Club trifft sich in Athen am Ort der Mächtigen«, schlagzeilte die Bilderberg-Kritiker-Seite bilderberg.org über das vermeintliche Meeting in einem Luxushotel. Für eine ganze Weile gab es keine Zweifel, denn ein falscher Tagungsort war vorab bisher noch nie in der Presse aufgetaucht.
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| »Nur Böses geschieht im
Geheimen«: Anti-Bilderberger- Demo bei Washington. |
Doch dann verdichteten sich die Indizien, dass jemand die Kritiker auf eine falsche Fährte locken wollte. So richtig geklappt hat das jedoch nicht. Eine niederländische Zeitungsmeldung über einen Bush-Besuch von Premierminister Balkenende und Außenminister Verhagen brachte die »Bilderberger-Jäger« auf die richtige Spur. Die beiden würden vom 5. bis 8. Juni in den USA weilen, hieß es da Mitte Mai 2008. Und ganz am Ende stand der dürre Satz: »Danach wird Balkenende an der jährlichen Bilderberg-Konferenz teilnehmen, die diesmal in Chantilly bei Washington stattfinden wird.«
Auf Videoaufnahmen vom Konferenzort kann man beobachten, wie es zugeht, wenn sich die wirkliche Weltelite trifft: von Polizeihundertschaften, Wasserwerfern und Hubschraubern keine Spur. Nur ein paar Streifenwagen haben eine Straße abgeriegelt. Ein ziviler Sicherheitsmann im sommerlichen Polohemd informiert die wenigen Demonstranten freundlich, dass sie sich auf Privatgrund befinden. Statt um eine Bannmeile geht es gerade mal um die andere Straßenseite. Auf die Idee, auf Steuerzahlerkosten einen millionenschweren Sicherheitszaun mit »Unterkriechschutz« zu errichten, wie die deutschen Schildbürger, kam auch niemand. So sieht es bei wichtigen Gipfeln wirklich aus. Nirgends wird einem so klar wie hier, welche absurde Show-Veranstaltung demgegenüber die G-8-Gipfel darstellen.
Und siehe da: Auf der Teilnehmerliste der Bilderberg-Konferenz sehen wir auch unseren Herrn Balkenende wieder. Laut RIA Novosti auch »die US-Außenministerin Condoleezza Rice, NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, Weltbankchef Robert Zoellick, die Königin der Niederlande, die spanische Königin, US-Finanzminister Henry Paulson«, den türkischen Außenminister Ali Babacan, den tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg, die früheren amerikanischen Außenminister Henry Kissinger und George Shultz, den polnischen Ex-Präsidenten Aleksander Kwasniewski und den früheren deutschen Außenminister Joschka Fischer.
Nicht zu vergessen auch Fed-Chef Ben Bernanke, Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann, »Fürst der Finsternis« Richard Perle sowie den Finanz- und Ölpatriarchen David Rockefeller.
Was die da wohl beredet haben? Nichts Genaues weiß man nicht. Die wenigen Verlautbarungen klingen etwas allgemein. Laut RIA Novosti ging es um »atomare Abrüstung, den Kampf gegen Cyberterrorismus, die Beziehungen zwischen der USA und der EU, den Kampf gegen Protektionismus, Afghanistan und Pakistan sowie den Islam und die Lage in Iran«.
Die genauen Inhalte hielten die Bilderberger auch dieses Jahr lieber geheim. Eine Heimlichtuerei, die beunruhigt. »Nur Böses geschieht im Geheimen.«
Copyright © 2008 Das Copyright für die Artikel von Gerhard Wisnewski liegt beim Autor.
Gerhard Wisnewski
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