Die Widersprüche in der am 3. November 2009 hier veröffentlichen Reparaturhistorie des »Unfallwagens« von Jörg Haider sind eklatant. Inzwischen wurden weitere Ungereimtheiten entdeckt. Außerdem macht sich ein Mann vom Fach Gedanken über den Ablauf des »Unfalls«.
Bei genauerem Hinsehen tauchen einerseits in der Reparaturhistorie des Haider-Phaetons weitere Widersprüche auf. Auf der anderen Seite ergänzt sie sich sinnvoll mit anderen Informationen, die ich inzwischen erhalten habe.
Als Produktionsdatum des Phaeton wird der 4. Juni 2008 angegeben, als erstes Zulassungsdatum der 30. Juni 2008. Das Datum der ersten »HU« also TÜV-Hauptuntersuchung, wird aber mit »4/2011« angegeben. Da zwischen Erstzulassung und erster HU aber drei Jahre liegen, hätte dieses Datum »6/2011« lauten müssen. Kurz: Die erste Hauptuntersuchung wird um satte drei Monate zu früh anberaumt. Warum? Oder wurde sie gar nicht zu früh anberaumt, sondern sind etwa Produktions- und Zulassungsdatum falsch? Und fuhr der Phaeton in Wirklichkeit schon im April 2008 auf der Straße? Das würde dann freilich auch viel besser zu der für zwei Monate (Juli/August) viel zu hohen Laufleistung von 37.000 Kilometern (600 Kilometer pro Tag) passen.
Rätsel über Rätsel.
Kommen wir auf den »Unfall« und das Wrack selbst zu sprechen:
»Was sagen Sie, wenn Sie das Auto auf den ersten Blick sehen?«, habe ich meinen Informanten, nach eigenen Angaben Kfz-Meister, gefragt.
»Meiner Meinung nach stimmt da nichts. Meiner Meinung nach ist das Fahrzeug unter einen Sattelauflieger gefahren. Die Kotflügel sind aus Kunststoff, wenn Sie da unter etwas drunter fahren, dann brechen und zerbröseln die regelrecht. Deswegen sind die Kotflügel meiner Meinung nach auch nicht gefunden worden; das müssten handtellergroße Splitter sein. Die hintere Tür ist eindeutig rausgerissen worden, da hat es die Bolzen aus dem Rahmen mit herausgerissen. Die vordere Tür hat es durch die Einwirkung von oben auf den Türrahmen nach unten rausgedrückt.«
Aber auch den fachgerechten Ausbau der Vordertür hält der Mann für möglich, durch wen – darüber wird in einer anderen Geschichte zu reden sein.
»Ich beschreibe Ihnen jetzt mal meinen Eindruck. So wie das Auto dagestanden hat, waren ja die Türen auf der anderen Seite hinter dem Auto, und das kann meiner Meinung nach nicht sein. Ich denke, entweder ist das Auto rumgeschoben worden, oder die Türen sind dann im Nachhinein hinter das Auto gelegt worden. Das erscheint mir sinnvoller. Zweitens: Der Knick im Bodenschweller – meiner Meinung nach ist der darauf zurückzuführen, dass das Fahrzeug unter einen Sattelauflieger geraten ist. Dabei war vorne schon Stillstand unter dem Auflieger, aber durch die Bewegungsenergie hinten hat es das Heck dann nicht mehr vorwärts bewegt, sondern nach oben gerissen. Und dadurch ist dieser Knick entstanden. Das Dach ist auf der linken Seite wie eine Ziehharmonika nach hinten geschoben, wie von einem Sattelauflieger.« (Siehe weitere Berichte zu diesem Thema auf dieser Seite und das Buch Jörg Haider – Unfall, Mord oder Attentat?)
Natürlich sind die schrägen Schleifspuren auf der Haube noch ein Problem – müssten sie nicht gerade sein, wenn ein Auto unter ein Hindernis fährt? Mein Informant meint, die Schleifspuren könnten auch bei der Trennung von Auto und Auflieger verursacht worden sein.
Bleibt noch die Frage: Wie und warum ist Haider unter einen Sattelschlepper gefahren? Gab es etwa eine Einwirkung von außen? Er habe einen internen Film von VW gesehen, sagt der Mann: »Da steigt ein Fahrer aus seinem Phaeton aus, nimmt sein Handy in die Hand und parkt das Auto damit ein. Man kann also das Auto mit einem Handy fahren.« Der Schulungsfilm beweist: Man kann das Auto von außen übernehmen.
Tatsächlich arbeiten verschiedene Ingenieure an solchen Konzepten:
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Sollte das stimmen, würde das also heißen, dass es irgendwo in der Bordelektronik eine Tür gibt. Diese Tür ist zwar mit einem Schlüssel versehen, damit sich nur eine bestimmte, autorisierte Person einbuchen kann, um das Auto zu steuern. Aber das kennen wir ja. Wie jeder andere Computer auch, kann auch dieser Computer prinzipiell gehackt werden. In diesem Fall wären Fahrer und Fahrzeug dem Angreifer hilflos ausgeliefert. Es wäre dann relativ einfach, den Wagen kurz vor einem Hindernis zu übernehmen, zu beschleunigen und unter das Hindernis rasen zu lassen. Dabei wird das Fahrzeug unten an die Straße gequetscht, sodass die linke vordere Felge bricht, das Heck nach oben schnalzt und der Bodenschweller auf der Fahrerseite bricht. Dazu passen Gerüchte, das Auto habe erst kurz vor dem »Unfall« massiv hochbeschleunigt.
Was mir daran nicht gefällt, ist die Unberechenbarkeit dieses Vorgangs. Der Wagen sieht aus, als wäre er mit gut und gerne 180 Stundenkilometern unter ein Hindernis gefahren. Auch der beste Videospieler hätte wohl Schwierigkeiten, ein ferngelenktes Auto mit diesem Tempo unter das schmale Heck eines Sattelschleppers zu steuern. Aufgrund verschiedener Merkmale, die überhaupt nicht zusammenpassen wollen – zum Beispiel der bis heute nicht beantworteten Frage, warum eigentlich der Beifahrerairbag auslöste –, bleibt deshalb ein ungutes Gefühl bestehen, das Auto könnte überhaupt aus einem anderen Unfall stammen und sei nur an den Unfallort gestellt worden.
Nach etwa einer Stunde verabschiedeten wir uns mit dem Eindruck, der Wahrheit wieder ein Stück näher gekommen zu sein. Die Ausdrucke der Reparaturhistorie konnte ich behalten. Anschließend verschwand der Mann im U-Bahnhof.
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Gerhard Wisnewski
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