Von Gerhard Wisnewski Nicht nur Datenschützer und Bürgerrechtler stellen den Koalitionsplänen zur Vorratsdatenspeicherung ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Nach den Regierungsplänen sollen Telekommunikationsunternehmen ab Herbst 2007 verpflichtet werden, «Daten über die Kommunikation ihrer Kunden auf Vorrat zu speichern», heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von 27 Bürgerrechtsorganisationen. «Zur verbesserten Strafverfolgung soll nachvollziehbar werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Bis spätestens 2009 soll zudem die Nutzung des Internet nachvollziehbar werden.» Im Klartext: Ähnlich wie bei einem Flugschreiber in einem Flugzeug sollen große Teile Ihres privaten, beruflichen und intimen Lebens gespeichert werden: Telefon, E-Mail, Internet, Handy und SMS. Inklusive Standort. Allerdings nicht bloß die letzte halbe Stunde, wie bei einer Black Box, sondern gleich das letzte halbe Jahr. Damit dürfte wohl jegliche Privatsphäre passé sein, denn liegen die Daten erstmal auf einem Rechner, sind sie grundsätzlich für jeden Ge- und Mißbrauch verfügbar. So lassen sich unliebsame Bürger beschnüffeln und jede Menge Verdachtsmomente konstruieren. ————————————————————————————————– Papperlapapp: für sechs Tausendstel Prozent mehr Aufklärung sollte uns das Privatleben von 80 Millionen Bürgern kein zu hoher Preis sein. Das Problem ist nur: Das ganze Vorhaben ist auch noch von hinten bis vorne rechtswidrig. Und zwar deshalb, weil die EU-Richtlinie, die mit dem neuen Gesetzesvorhaben angeblich umgesetzt werden soll, rechtswidrig ist: «Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist so offensichtlich rechtswidrig, dass Deutschland zu ihrer Umsetzung nicht verpflichtet ist», meint der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. «Die Richtlinie verstößt gegen die im Europarecht verankerten Grundrechte und ist in vertragsverletzender Weise zustande gekommen», heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Bürgerrechtler von heute. Seit Juli 2006 sei gegen die Richtlinie beim Europäischen Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage anhängig. Den Ausgang dieser Klage abzuwarten, sei wohl das Mindeste, bevor eine «derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in Deutschland» beschlossen werde. Das Problem: Das Mindeste ist in Deutschland schon lange nicht mehr selbstverständlich. |
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Gerhard Wisnewski
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