Von Gerhard Wisnewski Das dürfte sich wohl zu einer der größten Pleiten unserer «Sicherheitspolitiker» auswachsen: Die neuen, mit RFID-Chips verwanzten Pässe sind selber ein Sicherheitsrisiko. Was wieder einmal beweist, daß es überhaupt nicht um Sicherheit geht, sondern um eine Mischung aus Beschnüffelung und womöglich Geschäftemacherei auf Kosten der Steuerzahler und der Sicherheit.
«Sicherheitspolitiker» wie Otto Schily und Wolfgang «Dr. Seltsam» Schäuble sind selber ein Sicherheitsrisiko. Da riecht «Sicherheitspolitik» plötzlich verdächtig nach Mafia. War der Abbau der Bürgerrechte und die zunehmende Mißachtung des Datenschutzes bislang eher abstrakt erfahrbar, sind die Gefahren der verwanzten Pässe und Karten für jedermann nachvollziehbar. Denn da die in dem Paß/der Karte gespeicherten Daten nun auf Distanz und unbemerkt auslesbar sind, kann jeder, der über die Technologie verfügt, in Ihrem Paß blättern, Sie identifizieren und dann entscheiden, was er mit den Daten macht – beziehungsweise mit der Information, daß Sie sich um eine bestimmte Zeit an einem bestimmten Ort aufgehalten haben:
«Gegen die von der Koalition geplanten Änderungen am Passgesetz bringen Experten schwere Bedenken sowohl politischer wie technischer Natur vor. (…) Fachleute für Informationstechnik bemängeln unzureichende Sicherheitsstandards und fürchten etwa den Missbrauch von Funkchips in den neuen elektronischen Reisepässen durch Terroristen und Kriminelle. Dies geht aus Thesenpapieren der zur Anhörung des Bundestagsinnenausschusses am Montag [also heute; G.W. ] geladenen Experten hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen.»
«Die sogenannten RFID-Chips (Radio Frequency Identification, Identifizierung durch Radiowellen) ermöglichten den Bau von ‹personenspezifischen Bomben, die genau dann explodieren, wenn ein bestimmter Pass(inhaber) ganz in der Nähe ist›, warnt Professor Andreas Pfitzmann von der TU Dresden» laut Tagesspiegel. Erinnern Sie sich zum Beispiel an den Fall Herrhausen? Alfred Herrhausen war jener Banker, der am 30. November 1989 von Unbekannten mit Hilfe einer am Straßenrand installierten Sprengfalle in die Luft gesprengt wurde. Benutzten die Täter damals eine Lichtschranke oder Fernzündung, würde das heute anders laufen: Die Bombe würde in aller Gemütsruhe am Straßenrand warten und die Pässe aller Autofahrer und Passanten angucken. Kommt der Richtige vorbei – wumm! Das heißt also: Gegen die Bedrohung durch unsere «Sicherheitsexperten» und unseren Staat sind Al-Qaida und Bin Laden, sofern sie überhaupt existieren, nur Kleinkram. In Zukunft können Automaten am Straßenrand, in Behörden, auf Flughäfen und anderswo alles Mögliche mit Ihnen anstellen, sofern sie nur über Ihre Daten verfügen. Ist im Moment noch das Paßbild in dem verwanzten Paß gespeichert, sollen zukünftig auch noch Fingerabdrücke dazukommen. Zumindest für kriminelle Vereinigungen wie Geheimdienste dürfte es kein Problem sein, an die Daten heranzukommen und sie dann in irgendwelchen Automaten zu speichern. Aber auch sonst kann kein Staat der Welt die Garantie dafür übernehmen, daß die Computer mit den Paßdaten wirklich dicht sind, wie immer neue Hack-Skandale beweisen.
Und natürlich benötigt der Staat für seine Computerei private Firmen. Und damit sind wir endgültig in der freien Wildbahn: «Der Hauptlieferant der Fingerprint-Scanner für die deutschen Reisepässe, die Hamburger Dermalog, ist tief in Polizei- und Justiz-Korruptionsskandale in Indonesien verwickelt», berichtet beispielsweise die Website des ORF. Weitere Details unter: Biometrie, Reisepässe und Korruption Der E-Pass, ein deutsches Sittenbild Auch das Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung halte einen Angriff mit Hilfe der Paßdaten auf eine „VIP-Person“ für denkbar, berichtete der Tagesspiegel: «Auch könnten Verbrecher ihren Opfern dann etwa Finger abschneiden, um die Körperteile in Lesegeräte einzuscannen und Sicherheitssysteme zu überwinden.» Super. Aber keine Panik: es geht ja nur um VIP-Personen! Also die Bonzen da oben – sollen sie die doch ruhig in die Luft jagen! Nicht doch: Eine VIP-Person ist jede Person, die ein Angreifer – wie z.B. ein Geheimdienst – dazu macht. Wer weiß schon, warum er plötzlich für irgendwen «very important» ist? Der Schutz der Daten „gegen unbefugtes Auslesen, Verändern und Löschen“ sei mit dem gewählten technischen System „nicht zu erfüllen“, warnt Lukas Grundwald von der DN Systems Enterprise Internet Solutions GmbH. (Daß der Mann die – in aller Bescheidenheit – vortrefflichen Anti-RFID-Artikel in unserem Shop nicht kennt, ist da nur ein schwacher Trost. Die beste Abhilfe heißt: Wanzen raus aus Pässen und Karten!)
Auslesen – schlimm genug! Aber auch Verändern und Löschen? Warten Sie mal. Das könnte heißen: Sie laufen an einem RFID-Scanner vorbei, der unbemerkt in Ihre Tasche greift und mal eben Ihren Paß «umschreibt». Dann laufen Sie an einem anderen RFID-Scanner mit der Identität von – sagen wir – Osama Bin Laden vorbei. Nicht gut. Oder Sie laufen an einem RFID-Scanner vorbei, dieser löscht Ihre Paßdaten und erklärt Sie zum elektronischen Niemand. Als solcher reisen Sie anschließend zum Beispiel in die USA ein. Auch nicht gut. Oder jemand klaut Ihre Daten von Ihrem Paß und erleichtert damit anschließend eine Bank. Wie gesagt: Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt; mit den verwanzten Pässen haben die Behörden eine ganz neue Gefahrenwelt geschaffen, die vorher gar nicht denkbar war. Vielen Dank auch. |
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Gerhard Wisnewski
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