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Gerhard Wisnewski • c/o Kopp Verlag, Bertha-Benz-Str. 10 • 72108 Rottenburg a.N.
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Neo-McCarthyism: der Terror ist schon hier angekommen

Von Gerhard Wisnewski

Wir senden diese Story, denn
der Terror ist schon hier angekommen.
Edward R. Murrow

Gut ist das Gegenteil von gut gemeint  – kennen Sie diesen Spruch? Ein Paradebeispiel dafür ist George Clooneys neuer Film «Good Night, and Good Luck». Der Film schildert den Widerstand des CBS-Moderators Edward R. Murrow gegen Senator McCarthy, eine Art selbsternannter Großinquisitor gegen den «Kommunismus» oder das, was er darunter verstand.  Eigentlich dachte ich, jetzt käme die Artillerie des «guten Hollywood» zum Einsatz: Ein packender und aufrüttelnder Film über die Menschenhatz unter dem paranoiden Senator McCarthy, die stalinistischen Methoden kaum nachstand.

 

 

 

 

Außer natürlich, daß im Stalinismus sehr viel mehr Menschen starben. Aber auch unter McCarthys politisch Verfolgten gab es Todesopfer, etwa durch Selbstmord. Das Ganze wäre also bestens geeignet, die gegenwärtige Hetze gegen Muslime, «Verschwörungstheoretiker», «Islamisten», aber auch angebliche «Antisemiten» bloßzustellen, die einer ebenso inflationären Vermehrung unterliegen, wie zu McCarthys Zeiten die Kommunisten. (Als Antisemiten wurden beispielsweise schon denunziert: Rudolf Augstein, Gerhard Schröder, Norbert Blüm, Martin Walser, Rudolf Steiner, Salvador Allende, u.v.a.m.).

 

Aber leider schießt Clooney nicht mit Kanonen, sondern mit einer Wasserpistole. Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte den Film überhaupt nicht gemacht: Denn nun gilt das schöne McCarthy-Thema als «dagewesen», obwohl es von Clooney verschenkt wurde. Besser, man kämpft gar nicht, als mit unzureichender Bewaffnung.

Das erste Problem des Films ist offensichtlich das mangelnde Geld. Statt eines großen Hollywood-Films bekommt man ein kleines Fernsehspiel zu sehen, das ausschließlich drinnen stattfindet, also im Studio gedreht wurde. Doch auch mehr Geld hätte keinen künstlerischen oder politischen Erfolg garantiert. Denn der künstlerische Mißerfolg resultiert aus erheblichen Drehbuch- und Regiemängeln. Die Geschichte, und bei dem Film handelt es sich ja um «Geschichte», wird zu keinem Zeitpunkt lebendig und spürbar. Die Drehbuchelemente wirken holprig und künstlich zusammengesetzt. Die Bedrohung durch McCarthy kommt zu keinem  Zeitpunkt richtig «rüber». Die Regie führt hauptsächlich starre, trockene und gut frisierte, also aseptische und leblose Gesichter vor, denen man keine Emotionen, aber auch keine Anstrengung oder Anspannung anmerkt, oder aber sie ihnen nicht abnimmt. Der Film läßt einen buchstäblich kalt.

 

Ein Mann, der im Film Selbstmord begeht, erscheint zuvor immer als freundlich lächelnder Mensch, dem man seine Verzweiflung nicht ansieht. Daß und wie er in die Enge getrieben wird, spürt man nicht. Der Film versagt aber auch politisch und propagandistisch:  Als Appell an heutige Journalisten, Mut zur Wahrheit zu beweisen, ist der Film gescheitert, denn die Botschaft kommt nicht da an, wo sie ankommen muß: im Kopf UND im Bauch. Vielmehr wirkt das Ganze so steril wie «Geschichte in Aspik». Und so verpuffen auch Murrays schöne Zitate, von denen eins am Beginn dieses Artikels steht. An keiner Stelle gelingt es dem Film, einen zu packen. Das heißt, der Streifen versagt genau da, wo ein Erfolg so wichtig wäre: bei der Mobilisierung.  Statt dessen geht keinerlei Impuls von dem Film aus, sich gegen das heutige Klima der Denunziation und falschen Beschuldigung zu wehren. Dennoch gibt es Hoffnung. Denn erstens kommt dem Streifen das Verdienst zu, die heutige Hatz auf Andersdenkende auf einen Begriff gebracht zu haben: Neo-McCarthyism. Und zweitens wurde «Good Night, and Good Luck» hierzulande erstaunlicherweise häufig sehr freundlich besprochen, selbst von Spiegel Online, einem der Kampfblätter des Neo-McCarthyism. Und das gibt Hoffnung.

Deutsche Webseite:
http://www.goodnightandgoodluck.kinowelt.de/index.php?flash=ok

US-Webseite:
http://wip.warnerbros.com/goodnightgoodluck/index1.html

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