Die österreichischen Medien und Behörden sind bei der «Aufklärung» des Haider-Unfalls offensichtlich auf der Überholspur und werden genau wie angeblich ihr Untersuchungsobjekt aus der Kurve getragen. Falsche Animationen und nachgeschobene Erkenntnisse sollen den Unfallhergang plausibler machen. Der Eindruck, Medien und Behörden wollten im Fall Haider vollendete Tatsachen schaffen und jede Diskussion abwürgen, drängt sich auf.
Die Medien verabreichen die Botschaft vom Unfalltod des österreichischen Politikers Jörg Haider mit dem Holzhammer:
«Jetzt steht fest, was die Ursache für den tödlichen Unfall von Jörg Haider gestern in den frühen Morgenstunden war», sagte ZIB-Sprecher Tarek Leitner in der Sendung vom 12. Oktober 2008, am zweiten Tag nach dem Unfall: «Er war viel zu schnell in seinem Dienstwagen unterwegs und hatte keine Überlebenschance.» Bei diesen Worten wird ein Bild vom Unfallort mit dem Schriftzug «Viel zu schnell» eingeblendet.
«Zu schnell» ist das eine, «keine Überlebenschance» das andere. Denn dass jemand zu schnell fährt, ist immer möglich. Aber dass jemand in einem Phaeton «keine Überlebenschance» hat, dürfte nicht jeden Tag vorkommen. Denn ein Auto dieser Klasse steckt voller Überlebenschancen.
Nach einem kurzen Hinweis, wer nun neuer BZÖ-Chef wird, wird ZIB-Sprecher Leitner wieder eingeblendet, diesmal mit einem Foto des Unfallautos im Hintergrund. Für all jene, die es noch nicht kapiert haben, steht darunter wieder ein großer Schriftzug, nämlich: «Zu schnell unterwegs».
Sachverständige hätten Auto und Unfallstelle genau untersucht, sagt der Mann, wobei man sich fragt, wie solche umfangreichen Gutachten in der kurzen Zeit angefertigt werden konnten. Mehr als doppelt so schnell wie erlaubt sei Haider gefahren, sagt Leitner. Auch von der Obduktion gebe es erste Ergebnisse, und somit sei weitgehend geklärt, wie es zu dem tödlichen Unfall am Tag zuvor gekommen sei.
Der anschließende Filmbeitrag in ZIB vom Unfallort beginnt ebenfalls mit einer apodiktischen Behauptung: «Fremdverschulden ist beim Unfall von Jörg Haider laut Staatsanwaltschaft auszuschließen.» Techniker und Sachverständige hätten das Unfallwrack untersucht. Das Fahrzeug sei technisch einwandfrei gewesen. Ein Staatsanwalt setzt noch eins drauf: Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für einen Sabotageakt.
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So weit, so gut – das war jedoch nicht die eigentliche Frage.
Denn ein Sabotageakt am Fahrzeug hätte vielleicht an einem Bergpass Sinn ergeben, wo das Auto hätte in die Tiefe stürzen können, oder bei einer Autobahnfahrt. Nicht aber in der eher flachen, bepflanzten und ländlichen Gegend mit den breiten Straßen, über die es in Wirklichkeit gefahren ist. Denn wo hätte bei einem Versagen von Fahrzeugsystemen (Lenkung, Bremsen) die Energie für eine derartige Zerstörung herkommen sollen? Bei einer Manipulation am Fahrzeug spielt überdies das Element des Zufalls eine so große Rolle, dass dies in diesem Bereich wohl kaum in Frage kommen dürfte. Und selbst wenn man das Fahrzeug mit einem Eingriff in die Elektronik hätte von außen massiv beschleunigen können, wie manche vermuten, hätten immer noch die massiven Hindernisse gefehlt, um eine solche Energie zur zerstörerischen Entfaltung zu bringen.
Die Antwort auf die Frage nach der Sabotage könnte also ein Ablenkungsmanöver sein; man schließt etwas aus, was ohnehin nicht in Frage kam.
Das was in Frage kam, wird dagegen nicht erwähnt und damit auch nicht verneint: Eine massive Einwirkung von außen auf das Fahrzeug. Genau danach sieht die plattgedrückte Front mit den auffälligen Schleifspuren auf der Motorhaube nämlich aus.
Nun würde man ja nichts sagen, wenn man endlich einmal erklärt bekommen würde, wo diese massiven Zerstörungen an der Oberseite, ja, die Zerquetschung des Fahrzeugs, eigentlich hergekommen sein sollen. Doch die österreichischen Medien und Behörden sind bei der «Aufklärung» des Haider-Unfalls offensichtlich auf der Überholspur und drohen genau wie angeblich ihr Untersuchungsobjekt aus der Kurve getragen zu werden.
In einer Animation in ZIB sieht man den Haider-PKW einen anderen PKW überholen und zurück auf die rechte Spur kommen.
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Von dieser kommt er aber plötzlich und unmotiviert noch weiter nach rechts ab, fährt schräg auf eine Böschung, dreht sich plötzlich und unmotiviert nach links, prallt auf ein nicht sichtbares Hindernis, hebt ab und dreht sich ohne irgendeinen Bodenkontakt pirouettenartig durch die Luft. Anschließend kommt das Fahrzeug wieder sauber auf den Rädern auf.
Diese Darstellung ist jedoch eindeutig falsch, denn die Zerstörungen an der Fahrzeug-oberseite kann man so nicht erklären. Front und linke Dachseite wurden geradezu zerdrückt, die Türen wurden herausgetrennt. Das Fahrzeug kann also zumindest nicht ohne Bodenkontakt mit der Oberseite durch die Luft geflogen sein. Oder anders ausgedrückt: Sollten diese Zerquetschungen von einem Überschlag herrühren, hätte man das Auto eher auf dem Dach vorfinden müssen – hat man aber nicht. Dann wären auch die Vorderreifen nicht zerdrückt. Sondern das Auto stand auf den Rädern. Das bringt uns zu der Möglichkeit, dass das Fahrzeug eben nicht bei einem Fahrbahnkontakt mit der Oberseite zerquetscht wurde, sondern während es auf der Fahrbahn stand.
Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht wunder, dass nun plötzlich weitere Informationen über das Selbstverschulden des Unfallopfers nachgeschoben werden.
Demnach soll Haider plötzlich 1,8 Promille Alkohol im Blut gehabt haben. Die verspätete Bekanntgabe dieses Befundes verwundert aus zwei Gründen:
Auch bei der Geschwindigkeit wird nun nachgelegt. Statt der angeblich 142 Stundenkilometer (die man einmal anhand des stehengebliebenen Tachos, ein andermal durch ein Auslesen des Bordcomputers festgestellt haben will) sollen es nun bis zu 170 Stundenkilometer gewesen sein. Man könnte darin das Bemühen vermuten, die kinetische Energie des Fahrzeugs immer weiter zu erhöhen, um schließlich bei jenen massiven Zerstörungen «anzukommen», die man an dem Wrack sieht.
Man wird jedenfalls den Eindruck nicht los, dass man hier einen unplausiblen Unfall im Nachhinein immer plausibler zu machen versucht, weil die zunächst angebotenen Erklärungen eben nicht überzeugen können. Zudem beantworten all diese neuen «Erkenntnisse» die Fragen nach dem totalen Versagen der Phaeton-Sicherheitssysteme nicht befriedigend. Einen oder auch mehrere Überschläge hätte man in einem Phaeton höchstwahrscheinlich überlebt – es sei denn, die VW Ingenieure hätten heimlich eine Ente im Phaeton-Kleid konstruiert.
Und selbst wenn man in einem Phaeton bei einem solchen Unfall sterben könnte, bleibt immer noch die Frage, wie die Berichten zufolge massiven «Zerstörungen» von Haiders Kopf, Oberkörper und Wirbelsäule möglich gewesen sein sollen.
(Achtung: Dieser Artikel stellt den Stand der Recherchen zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung dar. Für den letzten Stand der Dinge lesen Sie bitte das Buch Jörg Haider – Unfall, Mord oder Attentat?)
Copyright © 2008 Das Copyright für die Artikel von Gerhard Wisnewski liegt beim Autor.
Gerhard Wisnewski
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