4,1 Prozent beträgt zur Zeit die Inflation im Euro-Raum, wurde soeben gemeldet. Trau, schau, wem, meint das Anlegermagazin »Smart Investor«. In Wahrheit seien es nämlich mindestens 9,8 Prozent. Und schuld daran seien weniger die bösen Konzerne als vielmehr der Staat. Wie das?
Es sind doch die bösen Spekulanten, Mineralölkonzerne und profitsüchtigen Energieversorger, sagen die Politiker! Tatsächlich sieht man ja auch die Zahlen an den Tankstellen und auf der Stromrechung nach oben klettern und nicht am Kanzleramt oder an der Europäischen Zentralbank. Das ist ja das Schöne – der Staat kann seine Hände in Unschuld waschen. In Wirklichkeit ist aber er für die Preissteigerung verantwortlich.
Die Tricks der staatlichen Preistreiber und Geldentwerter entlarvt die neueste Ausgabe des Anlegermagazins Smart Investor (August 2008).
Da wären zunächst mal die Inflationsraten – beziehungsweise die Teuerungsraten. Denn da gibt es ja einen feinen Unterschied: Das, was uns gemeinhin als Inflation verkauft wird, ist gar nicht die Inflation, sondern die Teuerungsrate oder die Preissteigerung. Das heißt, der Prozentsatz, um den monatlich oder jährlich die Preise eines bestimmten »Warenkorbs« steigen.
Die Inflation (von lat. inflare = aufblasen) bezeichnet aber etwas ganz anderes, nämlich das Wachstum der in Umlauf befindlichen Geldmenge. Und für die ist natürlich der Staat verantwortlich. Er (oder Politik und Medien) nimmt nun den Begriff Inflation (also Wachstum der Geldmenge) und projiziert ihn auf die Preissteigerung, also die Verteuerung der Güter, als ob dies mit der Inflation identisch und die Anbieter der Güter für die »Inflation« verantwortlich wären. Weg ist sie, die Verantwortung vom Staat.
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Dabei sind auch die Teuerungsraten geschönt. Minutiös nimmt Smart Investor die Praktiken der staatlichen Trickser auseinander. Beispiel USA: Offiziell wurde dort für das Jahr 2007 ein Consumer Price Index (CPI) von 2,9 Prozent verkündet. Klingt also ganz zivil. Das Problem besteht aber darin, daß seit Jahren die Berechnungsmethoden für diesen CPI verändert wurden, so daß der CPI von Heute mit dem von zum Beispiel 1980 gar nicht mehr vergleichbar ist. Nach dem alten CPI betrug die Teuerung im Februar 2008 satte 11,8 Prozent. Das heißt also, daß die wahre Teuerungsrate unterdrückt wird.
Das ist das eine. Das andere: Die Inflation selbst berechnet man in Wirklichkeit nicht aus der Preissteigerung, sondern zum Beispiel aus dem Verhältnis zwischen Geld- und Gütermenge. Ist immer mehr Geld verfügbar als Güter, spricht man von einer steigenden Inflation, also zunehmenden Aufblähung der Geldmenge. Demzufolge betrug die Inflation im Euroraum bereits im vierten Quartal 2007 knapp zehn Prozent (9,8).
Dass ein Überschuss einen fallenden Wert nach sich zieht, ist bei Geld genauso der Fall wie bei jeder beliebigen anderen Ware. Steigende Geldmengen bei gleich bleibenden Gütermengen bedeuten also Überschuss und Geldentwertung. Und wenn das Geld weniger wert ist, müssen wir mehr davon hinlegen, um bestimmte Güter zu bekommen.
Dass Inflation und Geldentwertung uns das Geld aus der Tasche ziehen, liegt auf der Hand. Es kommt aber noch schlimmer: sie münden direkt in unsere Enteignung! Wie das? Ganz einfach: Weil viele Menschen ihre Lebensleistung in Geld umsetzen und aufbewahren! Und wenn das entwertet wird, wird auch die ganze Lebensleistung verheizt. Und tschüss, Lebensversicherung.
Nehmen wir zum Beispiel mal die »Geld-Halbwertszeit«: Das ist die Zeit, in der ein bestimmter Geldbetrag bei einer gegebenen Inflation die Hälfte seines Wertes einbüßt. Bei einer Inflation von zwei Prozent beträgt die Halbwertszeit zum Beispiel 35 Jahre. Nach 35 Jahren ist also die Hälfte weg. Nicht gut, wenn man zum Beispiel an langfristige Anlagen wie Lebensversicherungen denkt, die durchaus 35 Jahre laufen können. Diesen Wertverlust müsste man also von der Verzinsung abziehen. Wahrscheinlich landet man damit noch im positiven Bereich, nicht aber bei einer Inflation von neun Prozent. Da nämlich beträgt die Halbwertszeit nur noch acht Jahre. Wenn man von Verzinsungen mal absieht, ist in acht Jahren also die Hälfte Ihres Vermögens futsch! Zinsen eingerechnet, wird der Prozess höchstens verlangsamt. Anders gesagt: Durch die Zinsen kriegt man zwar höhere Ziffern, nicht aber mehr Wert oder Kaufkraft.
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| Mahlzeit: Die Inflation frißt Dein
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Für den Staat bedeutet das, dass er das, was er den Menschen an Sozial- und Rentenleistungen mit der einen Hand auszahlt, ihnen mit der anderen Hand wieder wegnimmt – Steuern und Abgaben noch nicht einmal mitgerechnet. Das merkt so schnell keiner, denn erstens ist das ein indirekter Mechanismus. Zweitens haben »fast 40 Jahre pures Papiergeldsystem und grenzenlose Staatsgläubigkeit eine entsetzliche Gleichgültigkeit gegenüber der Natur des Geldes bei der großen Mehrheit der Menschen bewirkt«, so Smart Investor.
Der Staat verhält sich kein bisschen anders als jeder Geldfälscher. Weil er Geld selbst produzieren kann, stellt er immer mehr davon her, um seinen Verpflichtungen nachzukommen, zum Beispiel dem Schuldendienst und dem Bedarf der Sozialsysteme. Das aber führt zu einer steigenden Inflation. Weil die Preise steigen, braucht auch der Staat noch mehr Geld, was er wiederum auf dem kleinen Dienstweg löst (siehe oben).
Die derzeitige Kreditkrise verschärft das Problem, denn auch sie wird mit immer mehr und immer billigerem Geld bekämpft, das den maroden Banken zur Verfügung gestellt wird. Getreu dem Motto: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Oder gegen die »Stützung« einer Bank? Gar nichts. Das Ende könnte die Hyperinflation sein, der totale Kollaps des Geldwertes: »Das Schicksal, was in der Geschichte bisher noch jede Papierwährung gnadenlos ereilt hat«, so Smart Investor.
Die Inflation könnte sich bis zum sogenannten »Crack up-Boom« beschleunigen. Das ist jener Kaufrausch, der entsteht, wenn das Geld morgen nur noch die Hälfte wert ist. Plötzlich beginnen alle wie verrückt, Waren zu kaufen, die sie sich morgen nicht mehr leisten können.
»Egal, wie man zu den vorstehenden Überlegungen steht, auf keinen Fall sollte man ausgerechnet den Vorhersagen von Notenbankern und Staatsökonomen vertrauen«, so Smart Investor. Und auch die Presse versage »in ihrer Kontrollfunktion beim Thema Geldpolitik kläglich – und leider nicht nur hier«.
Copyright © 2008 Das Copyright für die Artikel von Gerhard Wisnewski liegt beim Autor.
Gerhard Wisnewski
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