Also, ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber der Zwischenfall am US-Konsulat in Istanbul und die Entführung der Deutschen am 8. Juli 2008 am Ararat passen eigentlich zu gut zusammen, um Zufall zu sein. Das eine bewirkte eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen für US-Einrichtungen im iranischen Nachbarland Türkei. Das andere führte zu einer Sperrung des Grenzgebietes zum Iran für Touristen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
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| Ararat: Der Grenzberg zum Iran |
Das heißt: Um dabei etwas Böses zu denken, muss man nicht einmal ein Schelm sein. Auch alle Nicht-Schelme kommen dabei auf komische Gedanken.
Papperlapapp – verhaften Sie die üblichen Verdächtigen! Routiniert wird das übliche Blabla abgespult. PKK und Kurden beschuldigen die Bundesregierung, die Bundesregierung weist alles zurück und erklärt standhaft, sich nicht erpressen lassen zu wollen, und der Spiegel entdeckt unter den ganzen Worthülsen noch einen Skandal, der die offizielle Darstellung von einer Entführung durch die PKK festigt: Führungskader der PKK hätten die Bundesregierung bereits gut eine Woche vor der Entführung vor »negativen Konsequenzen« ihrer Kurdenpolitik gewarnt. Toll – gleicht stürzt sich die ganze Journaille auf das Fressen und hat die »Entführung durch die PKK« bereits geschluckt: Sofort sieht man harmlose, rucksackbepackte und karierte Hemden tragende Urlauber durch die Natur streifen, ein wüstes Terroristenkommando aus dem Busch springen und – Bingo! Da ist sie wieder, die hässliche Fratze des Terrors. Und wieder ein paar harmlose Urlauber in der Hand von finsteren Rebellen.
Nur eine Frage: Wie sollen die Guerilleros denn in diesen Busch gekommen sein? Denn was oft vergessen wird, zu erwähnen: Der Ararat befindet sich in der festen Hand des türkischen Militärs. Das ganze Gebiet ist schon lange militärisches Sperrgebiet und kann nur mit einer Sondererlaubnis betreten werden. Am Ararat regt sich kein Grashalm, ohne dass das Militär es mitbekommt. Ja, selbst den erwähnten Busch, aus dem die Terroristen gesprungen sein könnten, gibt es nicht mehr, denn das Militär hat am Ararat nur verbrannte Erde hinterlassen. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: »Schattenspendende Bäume sucht man vergebens. 1993 brannte das Militär die Wälder nieder, um die möglicherweise versteckten kurdischen Kämpfer besser ins Visier nehmen zu können.« Ja, es heißt sogar, so stern.de weiter, »dass zahlreiche Hänge des Ararat vermint sind«.
Ganze Dörfer wurden platt gemacht, den Einwohnern der Zutritt verboten. Die Stadt Dougabayazit am Fuße des Ararat beherberge »Tausende Soldaten des türkischen Militärs« und gar »Dutzende Panzer, viele davon aus deutscher Produktion«, heißt es in einer Rundfunkreportage des SWR.
Unter anderem deshalb liegen vereinzelte Übergriffe auf Touristen schon sehr lange zurück. Die letzten wurden laut stern.de »in den neunziger Jahren« registriert.
Warum also gerade jetzt? Wo kamen die Terroristen her?
Vielleicht muss man sich auch unkonventioneller Überlegungen bedienen, um dieses Rätsel zu lösen: »Fünf PKK-Kämpfer hatten am Dienstagabend die drei aus Bayern stammenden, 33, 48 und 65 Jahre alten Männer aus einem Camp am Berg Ararat auf 3.200 Metern Höhe verschleppt«, heißt es bei der netzeitung.
Ein Camp in 3.200 Metern Höhe? Nach Lage der Dinge könnte dies eines der Basislager für den Aufstieg zum Ararat sein, das sich ebenfalls auf 3.200 Metern Höhe befindet. Das Problem ist nur, dass sich dieses Basislager weniger durch seine Nähe zu Terroristen, als vielmehr durch die Nähe zum Militär auszeichnet. Denn ganz in der Nähe befindet sich ein Militärhöhenlager »zum Schutz« der Bergsteiger.
In der Türkei selbst servieren die Medien ihrem Publikum denn auch nicht denselben Einheitsbrei wie hierzulande. Vielmehr gibt es über die Entführung die verschiedensten Hypothesen, in denen unter anderem auch das Militär selbst beschuldigt wird. Einer Version zufolge »hätten die türkischen Generäle, die den laizistischen Staat gegen die islamistische AKP vereidigen wollen, die Entführung gemeinsam mit dem deutschen Geheimdienst arrangiert, um die Regierung Erdogan in Schwierigkeiten zu bringen« (welt.de).
Türkisches Militär zusammen mit deutschen Geheimdiensten? Warm – ganz warm. Denn schließlich fällt auch die äußerst rücksichtsvolle Rhetorik der »Entführer« auf. Die Deutschen seien »wohlauf«, ließ eine »PKK-Spitze« laut ZDF sogleich vermelden. Die Kurdenpartei wolle selbst, dass die drei deutschen Ararat-Bergsteiger »gesund und sicher zu ihren Familien zurückkehren« können, heiße es in einer Erklärung der »Führung der PKK-Rebellen«. In einem PKK-Papier hieß es, man hege gegen das deutsche Volk und die »festgenommenen deutschen Staatsbürger keine Feindschaft«. Die PKK wolle ihre Geiseln in den kommenden Tagen wieder freilassen – sagte der Gouverneur der Provinz Agri, Mehmet Cetin.
Nur für das Motiv gibt es noch eine bessere Erklärung: Eine Entführung von Touristen am Ararat ist nämlich die beste Methode, das türkische Grenzgebiet zum Iran von Touristen zu räumen. Der Berg selbst liegt nur etwa 30 Kilometer von der iranischen Grenze entfernt, ist also sozusagen der türkische »Grenzberg« zum Iran. Nach Berichten des Online-Reisemagazins fliegen-sparen.de haben die türkischen Behörden den Berg Ararat für Touristen gesperrt. Aber nicht nur das: Auch von Reisen in zahlreiche Regionen und Provinzen in der Ost-Türkei werde »dringend abgeraten«. Viele dieser Regionen grenzen direkt an den Iran oder sind nur durch eine andere Region oder Provinz vom Iran getrennt.
Alles in allem könnte es sich bei der Entführung und dem Anschlag auf das US-Konsulat (siehe Link unten) in Istanbul in Wirklichkeit also um geheime Kriegsvorbereitungen handeln.
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Gerhard Wisnewski
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