Kriegen Sie zu Hause häufig keine Luft? Besonders im Winter? Leiden Sie unter häufigen Niesanfällen, Räuspern oder Husten? Vielleicht sogar unter der mysteriösen COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung)? Müssen Sie regelmäßig Asthma- oder Cortisonsprays nehmen? Bildet sich in Ihrer Wohnung nach dem Putzen ganz schnell eine neue Staubschicht? Sagen wir: innerhalb von 24 oder 48 Stunden? Dann haben Sie wirklich ein Problem, und es ist höchste Eisenbahn, diesen Artikel zu lesen…

Wohnzimmer der Fernseh-Familie Beimer/Von tbleek
Zu viele Leute machen sich zu wenige Gedanken über ihr wichtigstes Lebensmittel: die Luft. Zwar gehen zahlreiche Menschen im Biomarkt einkaufen und achten auf sauberes Wasser. Aber während man ohne Essen 60 Tage und ohne Wasser zwei bis drei Tage überleben kann, schafft man es ohne Luft nur wenige Minuten. Während man pro Tag einige Hundert Gramm feste Nahrung und ein bis drei Liter Wasser zu sich nimmt, atmet ein Erwachsener in 24 Stunden durchschnittlich die enorme Menge von 11 000 Litern Luft ein und aus. Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums sind es gar 20 bis 50 Kubikmeter Luft pro Tag.
Sollte diese Luft daher nicht von allerbester Qualität sein? Und ob. Ist sie aber nicht. Ganz im Gegenteil. Zig Millionen Menschen atmen buchstäblich den letzten Müll ein und filtern ihn mit ihrer Lunge aus der Luft heraus. Alles, was in diesen 20 000 bis 50 000 Litern Luft enthalten ist, kommt in Kontakt mit der Lunge und bleibt häufig darin hängen. Laut Umweltbundesamt beträgt die durchschnittliche Partikelanzahl »an einer Messstation am Stadtrand (städtischer Hintergrund) … ca. 10 000 Partikel pro Kubikzentimeter. Dementsprechend enthält ein mit Luft gefüllter Ein-Liter-Milchkarton zehn Millionen Partikel. Das ist die Menge, die mit zwei Atemzügen in Ruhe eingeatmet wird «.
Das schniefende Klassenzimmer
Und wie gesagt war dabei nur vom Stadtrand die Rede, also nicht von dem Zentrum eines Ballungsgebietes und schon gar nicht von einem Innenraum in einem Ballungsgebiet. Eigentlich kann man hier gar nicht leben. Im Grunde genommen sind viele Innenräume in Großstädten aufgrund der Gesundheitsgefahren unbewohnbar. Denn da kann die Bilanz zum einen noch wesentlich schlechter ausfallen als im Freien.
Zum anderen halten sich Millionen von Menschen wesentlich länger in städtischen Innenräumen als am Stadtrand oder auf dem Land auf. Und zwar nicht nur in Wohn- und Schlafzimmern, sondern zum Beispiel auch in Klassenräumen. Tatsächlich gilt die Luft in deutschen Klassenzimmern als die mieseste und ungesündeste Luft überhaupt, mit der unsere Kinder (und Lehrer natürlich) regelrecht vergiftet werden. Statt auf das fliegende trifft man hierzulande häufig auf das schniefende, röchelnde, niesende und auch schlafende Klassenzimmer. »Die Wie ich in meinem aktuellen Jahrbuch dargestellt habe, enthält Hausstaub jede Menge Schwermetalle, Karzinogene, künstliche Hormone und andere toxische Stoffe (siehe verheimlicht – vertuscht – vergessen 2014) – eben alles, was durch die Fenster hereinkommt oder durch Schuhe und Kleidung hereingeschleppt wird. Das gefährlichste Depot für diesen Staub ist der Heizkörper. Millionen von Menschen wissen nicht, dass sich in ihren sauber eingebauten und verblendeten Heizkörpern eine Gesundheitsbombe versteckt, die sich gewaschen hat – oder vielmehr nicht gewaschen hat. Nämlich Jahre alter Staub, durch den die Atemluft geleitet wird, besonders im Winter.
Häufig werden schwer zugängliche und kaum einsehbare Heizkörper nicht einmal bei einem Neueinzug sauber gemacht. Die erste Maßnahme besteht also darin, diese Heizkörper innen gründlich zu reinigen und am besten nicht mehr in Betrieb zu nehmen, da sie immer wieder Staub vom Boden aufsaugen, erwärmen und oben hinaus blasen.
Wer einen Luftbefeuchter braucht, hat auch ein Staubproblem
Damit haben wir zwar das wichtigste »Innenluftproblem « behoben. Trotzdem sind wir noch nicht am Ende des Themas angelangt, denn nun gilt es, die Atemluft in Innenräumen selbst sauber zu kriegen. Aber wie? Durch Lüften? Nun, damit werden wir zwar das CO2-Problem vermindern, aber (je nach Wohnort) nicht unbedingt das Staubproblem. Zunächst einmal müssen wir das Innenluftthema vom Kopf auf die Füße stellen. So haben zwar viele Zeitgenossen elektronische Thermo- und sogar Hygrometer in ihrer Wohnung. Ja, der Markt wurde in den vergangenen Jahren von den praktischen digitalen Anzeigegeräten und »Wetterstationen « regelrecht überschwemmt. Kein Weihnachtsbaum, unter dem nicht eine Wetterstation mit Messfühlern für Innen- und Außentemperatur sowie Luftfeuchtigkeit lag.
Doch diese Messwerte gehen leider an den eigentlichen Problemen vorbei. Die Temperatur kann man erstens auch mit einem primitiven Thermometer ermitteln. Eine hohe Luftfeuchtigkeit brauchen wir zweitens eigentlich überhaupt nicht, sondern nur, um den Staub in der Luft zu binden – ungefähr so, als würde ein Abrissgebäude mit dem Schlauch befeuchtet. Wenn manche Beschwerden also mit einem Luftbefeuchter nachlassen, heißt das nur, dass man ein gewaltiges Staubproblem haben muss.
Für die Luftqualität blind
In Wirklichkeit sind wir mit unseren tollen Messgeräten gegenüber den eigentlichen Kennwerten für Luftqualität komplett blind. Als Erstes wäre da das Kohlendioxid zu nennen. Wenn, dann spüren wir die Auswirkungen eines erhöhten CO2-Gehalts in der Innenraumluft nur über unser Wohlbefinden. Oft dauert es aber eine Weile, bis wir (vor allem im Winter) Müdigkeit oder Konzentrationsstörungen der schlechten Luft zuschreiben und das Fenster öffnen. Praktisch niemand hat ein Messgerät, das ihn bei erhöhten CO2-Werten warnt. In städtischen Innenräumen können die CO2-Werte im Winter je nach Anzahl der Anwesenden innerhalb von ein bis zwei Viertelstunden über einen kritischen Wert von 1000 ppm (parts per million) oder 0,1 Prozent steigen, von wo ab Menschen bereits müde werden. Auch Haustiere können die Luftqualität drastisch verschlechtern.
Des Weiteren wären da (andere) Gase zu nennen, zum Beispiel flüchtige organische Verbindungen, so genannte VOCs (volatile organic compounds) oder auch leicht verdampfende Kohlenstoffverbindungen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes gehören dazu »zum Beispiel Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Aldehyde und organische Säuren. Viele Lösemittel, Flüssigbrennstoffe und synthetisch hergestellte Stoffe können als VOC auftreten, aber auch zahlreiche organische Verbindungen, die in biologischen Prozessen gebildet werden. Viele Hundert verschiedene Einzelverbindungen können in der Luft gemeinsam auftreten «. Ein Messgerät dafür hat aber praktisch niemand in seinem Wohnzimmer stehen – obwohl sie durchaus im Handel erhältlich sind. Richtig kritisch wird es erst beim Staub. Staubmessgeräte für den Hausgebrauch sind praktisch überhaupt nicht auf dem Markt – beziehungsweise für Otto Normalverbraucher nicht erschwinglich. Professionelle Geräte kosten ab 800 Euro aufwärts.
Staub saugen, bevor er auf dem Boden liegt
In der Regel müssen wir uns also mit dem 24- bzw. 48-Stunden-Test begnügen. Fällt dieser »positiv « aus, heißt es handeln. Das Geheimnis lautet: Staub saugen, bevor er sich in unseren Lungen sammelt und auf dem Boden ankommt. So etwas ist nicht möglich? Oh doch. Zwar führen diese Geräte ein Schattendasein, aber tatsächlich gibt es im Handel eine Reihe von Luftfiltern, die die Raumluft nach allen Regeln der Kunst reinigen können, bis die Abluft der Geräte praktisch reinster Bergluft entspricht. Die Abluft wohlgemerkt, denn das gesamte Raumvolumen wird wohl kein Gerät wirklich sauber bekommen. Die meisten dieser Apparate kombinieren zwei oder drei Filter, hauptsächlich Kohle- und so genannte HEPA-Filter (High Efficiency Particulate Air filter), die seit einiger Zeit auch in Staubsaugern eingebaut sind, damit sie den Staub nicht wieder hinaus blasen. Noch sinnvoller ist es allerdings, auch die Raumluft mit HEPA- und Kohlefiltern zu reinigen.
»Raumschiff Wohnzimmer «
Außerdem kann man die Raumluft durch die richtige Mischung von Zimmerpflanzen weiter verbessern. Grünlilie, Echte Aloe, Philodendron, Drachenbaum, Efeu- und Purpurtute machen Formaldehyd unschädlich; Efeu, Einblatt und Drachenbaum nehmen sich (zusätzlich) Benzol vor. »Das Blattwerk filtere Feinstaub aus der Luft «, zitierte das Hamburger Abendblatt den Raumluftexperten Roland Braun. So habe der Autohersteller BMW ein Großraumbüro mit 21 Angestellten und einer Fläche von 300 Quadratmetern mit 69 Pflanzen begrünt und anschließend die Luftqualität gemessen: »Die Belastung mit flüchtigen organischen (Schad-) Stoffen, so genannte VOC, war um 68 Prozent gesunken, und auch die Anzahl der Keime pro Kubikmeter Luft war im Vergleich zu pflanzenlosen Referenzbüros deutlich geringer. « Kurz und gut müssen wir schon eine Menge »Gehirnschmalz «, Arbeit und auch etwas Geld aufwenden, um das Büro oder unser »Raumschiff Wohnzimmer « wirklich bewohnbar zu bekommen. Denn schließlich soll hier eines der empfindlichsten Lebewesen des Planeten »gehalten « werden: der Mensch.
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Gerhard Wisnewski
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