7:0 für die Bayern im Hin- und Rückspiel gegen Barcelona! Herzlichen Glückwunsch! Aber sind die Bayern im Halbfinale der Champions League nicht ein bisschen zu glatt durchmarschiert? Zu 50 Prozent lag das gar nicht an Bayern, sondern an dem maladen Barcelona-Star Lionel Messi. Nicht nur wegen seiner unentbehrlichen Ballkünste, sondern auch wegen seiner Führungs- und Motivationsqualitäten. Wirbelt der Fußballgott über den Platz, herrscht gleich eine ganz andere Stimmung in der katalanischen Mannschaft. Hat es Bayern etwa irgendjemand zu leicht gemacht? Wie war das nochmal mit Messis angeblich so schrecklicher Verletzung? Ein paar Beobachtungen von Gerhard Wisnewski….

Eigentlich reden wir hier doch von einer Katastrophe: Ausgerechnet beim ChampionsLeague-Halbfinale fehlt dem FC Barcelona seine Wunderwaffe Lionel Messi! Im Hinspiel am 23. April in München war er bereits nur ein Schatten seiner selbst, im Rückspiel am 1. Mai in Barcelona fehlte er ganz! Eigentlich hätten sich die Medien doch wochenlang überschlagen müssen, Messis
angeblich verletzten Oberschenkel hin- und herdrehen und von allen Seiten beleuchten müssen. Und über allem hätte die Frage stehen müssen: Kann er oder kann er nicht – nämlich im Rückspiel gegen Bayern spielen. Sozusagen die Schicksalsfrage für Barcelona, Stoff für jede Menge Zeitungsseiten und ein richtig dicker Fleischbrocken für Journalisten.
Allein: Genau diese Aufregung gab es nicht. Die sonst so hungrigen Schreiber- und Senderlinge ließen den Fleischbrocken links liegen, als seien sie über Nacht plötzlich zu Vegetariern mutiert. Und das Beste: Während der gesamten TV-Übertragung des Rückspiels im ZDF kam der merkwürdig unbeteiligt auf der Bank sitzende Messi zwar mehrmals ins Bild. Der Kommentator ließ sich aber nicht dazu herab, dem Publikum auch nur einmal zu erklären, WARUM der Fußballgott nicht schleunigst die Beine unter den Arm nahm, um seinen bedrängten Kollegen auf dem Rasen mit wehendem Trikot beizuspringen. Stattdessen saß Messi irgendwie gelangweilt bis angewidert auf der Bank herum, als ginge ihn das Gekicke auf dem Rasen überhaupt nichts an.
Messi ist einfach unbezahlbar
Daher also hier die Frage: WARUM spielte Messi nun eigentlich nicht mit? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir schon ganz tief in der Zeitungskiste grabbeln. Den zutage geförderten Blättern ist zu entnehmen, dass die Episode am 2. April 2013 begann – beim Viertelfinal-Hinspiel zwischen Barcelona und Paris St. Germain (PSG). In der ersten Halbzeit war noch alles wie immer. Messi zauberte, stürmte und schoss. Zwar habe St. Germain Barcelona zunächst vor einige
Probleme gestellt, so das Hamburger Abendblatt. Dann aber gingen die Katalanen durch ein fantastisch herausgespieltes Messi-Tor in Führung: »Dani Alves spielte aus dem zentralen Mittelfeld einen langen Pass mit dem Außenrist in den Strafraum. Messi schien die erstaunliche Flugkurve des Balles erahnt zu haben, suchte mit links direkt den Abschluss und ließ dem italienischen PSG-Torwart Salvatore Sirigu keine Chance. « Na, bitte: Messi ist einfach unbezahlbar – oder etwa nicht? Zwar glich PSG noch aus, doch »nach der neuerlichen Barcelona-Führung durch Xavi (89./Foulelfmeter) sah alles nach einem Sieg der Gäste [Barca] im Pariser Prinzenpark aus «.
Verletzung oder Verschnaufpause?
Allein, es kam anders. Denn nach der Pause war Messi plötzlich nicht mehr aufs Spielfeld gekommen. Begründung: Eine »Oberschenkelverletzung «. Und prompt kam es, wie es kommen musste: Kurz vor dem Schlusspfiff glich St. Germain nochmals aus, und das Spiel endete unentschieden (2:2). Zwar hatte Barcelona dem Abendblatt-Bericht zufolge noch in der Pause erklärt, Messi habe »eine Muskelblessur im hinteren rechten Oberschenkel « erlitten. Aber wie und bei welcher Gelegenheit, darüber schwieg man sich aus. Auch auf Barcas Website steht es nicht genauer: Messi zog sich demnach »während der ersten Hälfte « des Spiels eine Verletzung des hinteren rechten Oberschenkelmuskels zu. Zur Illustration hat der Club ein Bild beigefügt, das allerdings eher einer typischen Verschnaufhaltung ähnelt. Darauf stützt sich der gebückte Messi auf beide Oberschenkel. Nur den Zeitpunkt kann man noch etwas genauer ermitteln. Demnach passierte es kurz nach seinem fulminanten Tor in der 38. Minute. Aber was passierte? Und wobei? Bei einem Foul, beim Auftreten, beim Abspringen, beim Spurt? Aber Details wurden keine geliefert. Der Münchner tz zufolge geschah es einfach so: »Er
hatte sich gegen Ende der ersten Halbzeit an den rechten Oberschenkel gefasst und Trainer Tito Vilanova signalisiert, dass er ausgewechselt werden muss. « Am 3. April lieferte der FC Barcelona noch nach: »Gegen Ende der ersten Hälfte spürte Messi ein Stechen in seinem rechten Oberschenkelmuskel und konnte nach der Pause nicht mehr auflaufen. «
Möglich ist alles. Aber mit anderen Worten bekundete Messi seine Verletzung per Akklamation. Ein konkreter Anlass wurde nicht geliefert. Auch BRAVO Sport hat das bemerkt: »Im Dunkeln bleibt aber noch immer, welche Verletzung Lionel Messi überhaupt hat. … Was genau er sich getan hat, wurde aber weder nach dem Spiel [gegen St. Germain], noch irgendwann anders veröffentlicht … Was genau ›Leo‹ hat, weiß keiner. « Macht nichts: Gleich nach dem St.-Germain-Spiel gab der Meister die erlösende Entwarnung: »Ich werde bald zurück sein. «. »Zum Glück war es nichts Ernstes. « Und die tz meldete: »Der Argentinier wird den Katalanen wegen einer Muskelverletzung im Oberschenkel voraussichtlich nur zehn Tage statt wie anfangs befürchtet für etwa drei Wochen fehlen. « Na, bitte! Da zwei (2. April) plus zehn bekanntlich zwölf macht, sollte der Superstar beim Halbfinal-Hinspiel am 23. April gegen Bayern also wieder auf der grünen Matte stehen! Tat er auch – aber viel mehr auch nicht. Doch der Reihe nach.
Ein verletzter Messi ist besser als gar kein Messi
Tatsächlich war Messi schon am 9. April zurück im Training – also rechtzeitig vor dem Rückspiel gegen St. Germain am 10. April. Ein Foto auf der Barca-Website zeigt ihn in bester Laune. Auf der Pressekonferenz zum Spiel erklärte Barca-Trainer Jordi Roura, Messis Genesung verlaufe »positiv «. Prompt wurde der Fußballgott für das Spiel nominiert. Zwar kam wieder nur ein
Unentschieden heraus (1:1), aber das hatte Barcelona Messi zu verdanken. Barca-Star Pedro Rodriguez lobte den Superstar ausdrücklich mit den Worten: »Er hat die ganze Woche sehr hart gearbeitet, um heute Abend mitzuspielen. Wir haben ihm zu danken und zu gratulieren, dass er dem Team half. Er ist der Beste. « Glaubt man Piqué, hatte Messi seine Verletzung zwar noch nicht überstanden. Entscheidend war aber, dass er trotzdem spielte: »Obwohl er praktisch hinkte, veränderte sich mit seinem und unserem Spieleifer mit ihm auf dem Platz das ganze Spiel. « Denn »Mitte des zweiten Durchgangs stand der FC Barcelona bereits mit dem Rücken zur Wand, Paris St. Germain hatte durch einen Konter die Tür zum Halbfinale ganz weit aufgestoßen «, so die Fußballzeitschrift Kicker. In der 50. Minute hatte Valdes PSG mit 1:0 in Führung gebracht – das potenzielle Aus für Barcelona im Viertelfinale der Champions League. Und dieses Viertelfinale war dem Club und Messi offenbar wichtig genug, um den Superstar auf den Platz zu schicken – bzw. auf den Platz zu gehen –, Verletzung hin oder her. Und siehe da: Nach der Einwechslung von Messi in der 62. Minute »wachten die Spanier dann auf, wurden gefährlicher und kamen zum umjubelten Ausgleich. Der war gleichbedeutend mit dem Einzug ins Halbfinale – zum sechsten Mal in Folge! « Nachdem Messi gleich zwei Mann gebunden habe, sei Pedro in der 70. Minute zum erfolgreichen Torschuss gekommen. Ein verletzter Messi ist eben immer noch besser als gar kein Messi, weshalb das Ballgenie im Ernstfall denn auch trotzdem spielt.
»Messi völlig erholt «
Weil der Mann für Barcelona also lebenswichtig ist, führte man am darauffolgenden Tag, dem 11. April, eine medizinische Bestandsaufnahme bei Messi durch. Dabei sei er verschiedenen Tests unterzogen worden, um die Frage zu klären, ob es durch das Spiel bei seiner Oberschenkelverletzung irgendeinen Rückschritt gegeben habe. Die Untersuchungen hätten aber ergeben, dass es »keine Veränderung « gegeben habe und Messi deshalb mit seinem Genesungsprogramm fortfahren werde. Noch einmal erwähnt Barca auf seiner Website in diesem
Zusammenhang die Lehren aus dem PSG-Spiel vom Vortag, das Messi nach dem 0:1-Rückstand praktisch gedreht habe. Am 19. April meldete Barca wiederum: »Messi trainiert mit dem Team «; am 21. April: »Messi ist in München dabei «. Obwohl medizinisch noch nicht alles klar sei. Diese endgültige Freigabe kam jedoch am 23. April: »Messi hat sich völlig von seiner in Frankreich zugezogenen Oberschenkelverletzung erholt «, meldete Barca.
Nur ein Schatten seiner selbst…
Wie man weiß, ging das Hinspiel Bayern-Barcelona für Barca aber »in die Hosen «. Bayern gewann mit einem sensationellen 4:0, und glaubt man den Medien, haben die Münchner das vor allem einem zu verdanken: Messi. Denn der eben noch für »total fit « erklärte Superstar war auf dem Spielfeld nur ein Schatten seiner selbst. Normalerweise immer im Zentrum des Geschehens, sei »der weltbeste Fußballer « diesmal »nur eine Randfigur geblieben «, meldete die FAZ. »Superstar Messi war 90 Minuten nicht zu sehen «, meinte auch die Welt. Laut der Zeitung wirkte der Fußballspieler plötzlich doch »nicht fit «, und die Bayern hätten ihn bestens im Griff gehabt. Ja, der Superkicker sei nur »ein Schatten seiner selbst « und tue einem fast leid: »Keinen Fuß bekommt er auf die Erde. « »Messi wirkt kraftlos, seine Angriffskollegen bleiben ebenfalls harmlos «, beobachtete der Live-Ticker von Kicker. Sprechen wir hier also von demselben Messi, der ein Spiel sogar noch im verletzten Zustand drehen kann? Nicht, dass die Leistung von Bayern hier geschmälert werden sollte, aber normalerweise spielt Messi eben doch wie von einem anderen Fußball-Stern. Ergebnis war jedenfalls eine Negativ-Premiere: »4:0 hat der FC Barcelona noch nie in der Champions League verloren. « Barca-Star Xavi Hernández rühmte die Bayern
danach unterwürfig: »Wir sind außer uns. Der Spielstand war ein bisschen überhöht, aber sie waren besser. Man muss ihnen gratulieren, weil sie überlegen waren, besonders physisch. « Und Dani Alves sekundierte: »Wir müssen den Hut ziehen vor ihrer Leistung. «
Warum sind die Bayern plötzlich die Chefs?
Junge, Junge – so viel Demut von den Spaniern? Sind die Bayern plötzlich auch in der Champions League die Chefs? Oder hing Barca einfach komplett durch, einschließlich Messi? Tja, solche Tiefs soll’s geben. Aber schon vier Tage später, am 27. April gegen Atlético Madrid, war er wieder ganz der Alte und der »herausragende Spieler «: »Mit seiner Einwechslung in der 58. Minute drehte er das Spiel für Barca «, stand auf der Barcelona-Seite zu lesen. »In nur acht Minuten führte er eine klare Torchance für Pedro herbei und erzielte einen wunderschönen Ausgleich – sein 24. Auswärtstor der Saison… « Und was man auch noch erfährt: In der spanischen Liga schießt Messi nur dann keine Tore, wenn er nicht mitspielt. »Bis jetzt hat er in dieser Saison nur in zwei Auswärtsspielen kein Tor geschossen – nämlich gegen Sevilla und Saragossa, als er wegen einer Verletzung nicht mitspielen konnte. « Fazit: »Für Messi ist nichts unmöglich. « Und – im Hinblick auf das Rückspiel gegen Bayern in der Champions League am 1. Mai: »Messi ist der effektivste Spieler gegen Bayern, gegen die er in drei Spielen zwei Tore erzielte. «
Der Rest ist Schweigen
Der Rest ist Schweigen. Denn mit diesem Eintrag vom 30. April 2013 enden sowohl die Beiträge auf der Barcelona-Seite, in denen Messi vorkommt, als auch seine Einträge auf seiner Facebook-Seite. Denn am nächsten Tag kapitulierte der Club samt seinem Superstar vor dem FC Bayern – und zwar kampflos: »Bankdrücker Messi war Barcelonas Kapitulation «, titelte ganz richtig die Welt (online, 2.5.2013). Na ja – wieso? Messi saß eben auf der Bank, wahrscheinlich schonte sich der Mann für wichtigere Spiele. Vielleicht für das Champions-League-Endspiel. Doch halt: Wie wichtig ist das Endspiel, wenn man es erst gar nicht erreicht, weil man im Halbfinale auf der Bank sitzt? Und hätte Messi nicht wenigstens versuchen müssen, zu spielen? Definitiv. Auswechseln lassen kann man sich schließlich immer noch. Warum also spielte Messi nicht mit, stellte die Welt die einzig richtige Frage: »In so einem Spiel, in dem es um alles ging? « War seine Verletzung etwa
wieder aufgeflammt? Hatte er sich das Bein gebrochen? Oder war er etwa tot – eigentlich die einzige Entschuldigung für die Nicht-Teilnahme. Aber keineswegs. Der Hammer lautete vielmehr: Messi war gar nicht verletzt! Er habe auch »mit dem Team trainiert «, zitierte Bild (online, 2.5.2013) Barca-Trainer Vilanova: Aber er hat sich »nicht wohl gefühlt «. Zwar war die Verletzung also nicht mehr da, aber er hatte »die Befürchtung «, dass sie »neu aufbrechen könnte «. Meine Güte – ein richtiges Zuckerpüppchen plötzlich, dieser Messi. Aber hätte Vilanova ihn »nicht trotzdem auf den Platz stellen sollen «, fragt zu Recht die Welt: »Auch ein schwacher Messi sorgt allein durch seine Anwesenheit immerhin für ein bisschen Aufregung beim Gegner. « Eben – genau das hatten wir hier ja auch schon beschrieben.
Wegen seiner Angst, die Verletzung könne »wieder aufreißen «, habe er aber nicht das Gefühl gehabt, »dass er der Mannschaft so helfen könnte «, wird Barca-Trainer Vilanova zitiert. Wobei von einer Verletzung, die »aufreißen « könnte, bisher noch nie die Rede war. »Ein sehr ungewöhnliches Verhalten für Messi «, konstatierte BRAVO Sport. »Dass ›Leo‹ freiwillig auf ein Spiel verzichtet – zudem auf so ein entscheidendes – gibt es eigentlich kaum. « Deshalb lautet die Überraschung: Jetzt komme heraus, »dass Messi nicht spielen wollte «, so BRAVO Sport. Tja, das war also die Geschichte, wie Messi Bayern München einmal das Champions-League-Halbfinale gewinnen ließ. Denn warum er nun wirklich nicht spielte und seinen Verein derartig hängen ließ, das wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben…
Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen der Macht – und erfahren Sie, was die Massenmedien Ihnen verschweigen!
Lesen Sie weitere brisante Informationen im neuen KOPP Exklusiv. KOPP Exklusiv wird grundsätzlich nicht an die Presse verschickt und dient ausschließlich zu Ihrer persönlichen Information. Jede Ausgabe ist gründlich recherchiert, im Klartext geschrieben und setzt Maßstäbe für einen kritischen Informationsdienst, der nur unter ausgewählten Lesern zirkuliert und nur im Abonnement zu beziehen ist.
In der aktuellen Ausgabe finden sie unabhängige Hintergrundinformationen unter anderem zu folgenden Themen:
Das alles und viele weitere Kurzberichte im neuen KOPP Exklusiv, fordern Sie noch heute Ihr Probeabonnement an!
Gerhard Wisnewski
c/o Kopp Verlag, Bertha-Benz-Str.
72108 Rottenburg a.N.