Ein Bild geht durch die Republik: Mit einer Sportpistole soll die »Amokläuferin« Sabine R. am 19. September 2010 erst ihren Mann und anschließend noch einen Krankenpfleger getötet haben. Ob N24 oder ZDF heute, ob Süddeutsche oder Badische Zeitung – überall machte das Foto der angeblichen Tatwaffe die Runde und steigerte die Plausibilität des Geschehens. Doch das Bild zeigte gar nicht die Tatwaffe. In Wirklichkeit stammte es aus einem Waffenkatalog …

Das Schießgerät wirkt brutal. Der massive, ergonomisch geformte Holzgriff weist auf eine Präzisionswaffe hin. Aus dem Griff ragt ein langer, matt schimmernder Lauf. So stellt sich wohl der Laie die Waffe eines Amokläufers vor. Darunter sind fein säuberlich aufgereiht zwei Magazine abgebildet und links daneben noch ein silbern glänzendes Metallteil, unter dem sich der Laie nichts vorstellen kann. Bestimmt irgendeine sinistre Einrichtung für den professionellen Amokläufer bzw. Scharfschützen. Von einem an der Waffe angebrachten Papierschildchen sieht man nur die Rückseite: offenbar eine Asservaten-Nummer der Polizei.
So erschien dias Waffenbild beispielsweise in der ZDF-heute-Sendung vom 21. September 2010. Dort wurde es im Zusammenhang mit dem Amoklauf von Lörrach hinter der Moderatorin Anja Charlet eingeblendet – wodurch der Eindruck entstand, es handele sich um die Tatwaffe:
Die angebliche Tatwaffe von Lörrach in ZDF heute vom 21. September 2010
Das Problem: Das Bild war manipuliert. Ursprünglich stammte es aus einem Waffenkatalog. In der Mitte des Fotos prangte einmal gut sichtbar der Schriftzug »Waffen Schweigert«. Auch in den bewegten Bildern der heute-Sendung war der Schriftzug unkenntlich.

Die angebliche Tatwaffe von Lörrach …

… im Katalog von gebrauchtwaffenprofi.de

Vergrößerung des Schriftzuges auf dem Bild der »Tatwaffe« bei gebrauchtwaffenprofi.de
Nicht nur in der ZDF-heute-Sendung war der Schriftzug nicht erkennbar oder fehlte sogar ganz. Auch in vielen Printmedien, wie der Süddeutschen Zeitung, war er verschwunden oder kaum noch erkennbar:

Bild der »Tatwaffe« bei der Süddeutschen Zeitung
Eine Fälschung? Der Verdacht liegt nahe. Denn die Absicht erscheint besonders deutlich durch die falsche Bildunterschrift: »Der Einsatzleiter der Polizei in Lörrach, Michael Granzow, mit einem Foto der Tatwaffe, die die Täterin für ihren Amoklauf benutzte.«
Das ist die glatte Unwahrheit. Haben die Süddeutsche Zeitung und die ZDF-heute-Sendung das Bild manipuliert? Oder bekamen sie es so von der Polizei? Offenbar nicht. Dass der Schriftzug bei der Pressekonferenz noch vorhanden war, beweist die Berichterstattung der Zeit:

Das korrekte Bild bei der Zeit
Auch die Bildunterschrift klingt da ganz anders: »Michael Granzow von der Polizei Lörrach zeigt das Bild einer Walther Longrifle im Kaliber .22. Mit einer solchen Waffe schoss die Täterin.«
Warum die Polizei offenbar kein Bild der Original-Tatwaffe vorzeigte, sondern ein Foto aus einem Waffenkatalog, ist eine ganz andere Frage. Tatsache ist: Der Schriftzug des Waffenhändlers war auf diesem Bild vorhanden.
Aber in vielen Medien, von groß bis klein, gab’s das Bild nur ohne Schriftzug.Überall erschien der Schriftzug entweder abgeschwächt oder sogar ganz entfernt. Zufall? Mit der »Tatwaffe« wurde die unglaubliche Geschichte einer zierlichen Rechtsanwältin, die erst ihre eigene Familie und anschließend noch einen Krankenpfleger massakrierte, jedenfalls erst so richtig rund.
Copyright © 2010 Das Copyright für die Artikel von Gerhard Wisnewski liegt beim Autor.
«von Werner Schlegel
?Desinformation gehört zum Wesen von Geheimdiensten.? Den Satz sollte man in Stein meißeln und als Türsturz über jeder deutschen Redaktionstür einsetzen. Geschrieben hat ihn Manfred Bissinger. Als Eröffnung eines Kommentars, der am 4. März in mehreren kleineren deutschen Zeitungen veröffentlicht wurde. In der Buerschen Zeitung beispielsweise unter dem Titel ?US-Ränkespiele oder Kampf den Schlapphüten?. Von einer ?verdeckten Kampagne aus Washington? ist da die Rede und von ?gezielten Fehlinformationen?, mit denen man ?Regierungen in Misskredit zu bringen? versucht.
Der Mann wird wissen, wovon er schreibt. Als Chefredakteur des Stern, später (merkwürdiges Kontrastprogramm) der orthodoxen Linkspostille Konkret und noch später der längst eingegangenen Zeitung Die Woche, dürfte er genügend Erfahrungen mit ?geheimen? Desinformationen und Schlapphut-Medienkampagnen gesammelt haben.
Merkwürdig nur, dass dem ausgewiesenen SPD-Sympathisanten und ?Freund von Gerhard Schröder? (Bild), seine Erkenntnis ausgerechnet dann überfällt, wenn es um die dienstlichen Aktivitäten der Pullacher Geheimen im Irakkrieg geht. Dann betont Bissinger deutschlandweit, dass die New York Times ?schon öfter Ränkespielen der Geheimdienste aufgesessen ist und sich dafür sogar entschuldigen musste?. Etwa den Ränkespielen, die zum völkerrechtswidrigen Angriff auf Jugoslawien und den Irak führten?
Nein, die damaligen kriegsvorbereitenden Desinformationskampagnen von CIA, BND und MI5 (Stichworte: ?Hufeisenplan?, ?Massenvernichtungswaffen?, ?fahrbare Labors?) meint Bissinger natürlich nicht. Auch nicht die ständigen ?Echtheitsbeweise? aus ?Geheimdienstkreisen?, mit deren Hilfe unsere Massenmedien so gerne zusammengestoppelte Videobänder und in schlechtem arabisch abgefasste Bekennermeldungen einer fragwürdigen Al-Qaida-Hexenküche zuordnen. Der Giftküche eines angeblich ?weltumspannenden Terrornetzwerkes? (Georg Babbelju), von dem man ob seines die Bush-Junta stets aufs Neue stabilisierenden, mörderischen Aktionismus vor allem eines vermuten könnte: Dass seine zentralen Planungslokalitäten in Langley, Virginia, einem Fünfeck in Brain-Washington, der grünen Zone in Baghdad oder dem US-Headquarter in Qatar beheimatet waren oder sind.
Aber bei soviel später öffentlicher Einsicht in das Wesen der Geheimdienste (woher hat Bissinger sie nur, da sie doch fast allen seinen Kollegen so offensichtlich fehlt), darf man sich über eine weitere bahnbrechende Medienerkenntnis nicht wundern: ?Genauso wenig wie ?die? islamische Welt existiert, kann von einem allumfassenden Terrornetz, dem sich alle Gruppen unterordnen, die Rede sein?.
Nein, das ist nicht Manfred Bissinger. Diesmal ist es ein Kommentar aus dem Mannheimer Morgen vom 6.3.06. Aber Moment mal ? haben uns nicht seit dem 11.9.2001 Politiker, ihre bauchredenden KommentaTOREN und deren schlapphütige Desinformanten pausenlos erklärt, es gebe ein ?weltumspannendes Terrornetzwerk???
Schnee von gestern. Der Al-Qaida-Stern ist am Sinken. Er wird nicht mehr benötigt. Der militärisch-industrielle Komplex hat schon seit längerem ein neues Objekt der Begierde. Es heißt Iran.
?Einen Tag vor der entscheidenden Sitzung der Atomenergiebehörde IAEA kündigen die USA brisante Neuigkeiten an?, schreibt Zerrspiegel-Online am 6.3.06. ?Laut dem Nachrichtenmagazin ‚Time‘ wollen sie dem Uno-Sicherheitsrat Dokumente vorlegen, die konkrete Pläne Irans zum Bau einer Atombombe belegen sollen. Die USA seien in den Besitz eines Laptop-Computers gelangt, auf dem ein iranischer Ingenieur Pläne für den Bau einer Atombombe gespeichert habe, meldete ‚Time‘ heute unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten US-Diplomaten. (?) Der Laptop soll dem iranischen Ingenieur laut ‚Time‘ gestohlen worden sein. Anschließend habe ihn die CIA ?erhalten?.?
Aha. Wie war das doch gleich, Herr Bissinger? ?Desinformation gehört zum Wesen von Geheimdiensten.? Vielleicht sollten sie Ihren Samstagskommentar mal an alle deutschen Medienredaktionen schicken. Oder zumindest diesen einen Satz. Als Merkkärtchen ? für schlechte (Kriegs)-Zeiten.
P.S.:
Kleine Anmerkung meinerseits: Ich besitze Informationen aus sicherer Quelle, dass ein Schurkenstaatschef Atomtechnologie an ein Land liefern will, das ? im Gegensatz zum Iran ? noch nicht einmal den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hat! Der Mann heißt Georg W. Bush, und das Land heißt Indien. Wir sollten den Fall vor den UN-Sicherheitsrat bringen. Möglichst bevor die CIA noch ein paar iranische Computer ?findet?.
Gerhard Wisnewski
c/o Kopp Verlag, Bertha-Benz-Str.
72108 Rottenburg a.N.