Knapp 34 Millionen Autos mit Airbags des japanischen Automobilzulieferers Takata werden nun in den USA in die Werkstätten zurückgerufen. Die Prallsäcke könnten auch ohne Unfall auslösen und zudem metallische Geschosse durch den Innenraum schleudern, heißt es. Was dabei verschwiegen wird: Jeder Airbag ist eine schwere Gesundheitsgefahr, und zwar konstruktionsbedingt. Wie die Geräte jemals eine Zulassung für den Straßenverkehr bekommen konnten, ist schleierhaft…

Preisfrage: Was ist 320 Stundenkilometer schnell und entfaltet eine Wucht von einer halben Tonne? Antwort: der Airbag. Dass der allseits gelobte Prallsack zur tödlichen Gefahr werden kann, ist nicht etwa die Ausnahme und hat nichts mit Konstruktionsfehlern zu tun. Sondern der Airbag ist ein Konstruktionsfehler. Eine Wahrheit, die von Industrie und Medien jedoch fein verschwiegen wird: »Von den Fahrzeugherstellern wird ausschließlich das Schutzpotenzial von Airbags beworben. Ein nach dem Stand der Technik nicht zu verhinderndes Gefahrenpotenzial wird – zumindest in Europa – nicht publiziert«, schrieb Diplomingenieur Michael Rohm in dem Unfallfachblatt Ureko–Spiegel.
Sieh an, sieh an – der Airbag! Unser aller Heilsbringer und Lebensretter! Von den Risiken und Nebenwirkungen des Prallsacks redet jedoch kein Mensch. »Airbags sind keine Schmusekissen« – solche Warnungen (in diesem Fall von dem 3sat-Wissenschaftsmagazin nano) sind längst vergessen. »Und die Elektronik kann auch mal verrückt spielen.« Genau – zum Beispiel, wenn der Airbag von selber losgeht. Der spektakuläre Rückruf von 33,8 Millionen Takata-Airbags ist jedoch kein Einzelfall. Bereits Abermillionen Fahrzeuge mussten wegen defekter und/oder gefährlicher Prallsäcke in die Werkstätten zurück.
Airbags: Lügen und Töten für die Sicherheit
Na schön – aber dass Airbags viele Leben retten, ist doch unbestritten, oder? Das kann man so oder so sehen. Denn woher will man wissen, was den Unfallopfern ohne Airbag passiert wäre? Rein logisch gesehen ist das unmöglich. Schließlich kann man denselben Unfall ja nicht ohne Airbag wiederholen.
Damit sind wir mitten drin in den Beweisschwierigkeiten über Nutzen und Nachteile des Airbags: »Studien beweisen, dass die Regierung die Zahl der angeblich durch Airbags geretteten Leben enorm übertrieben hat«, klagt die amerikanische Bürgerrechtsorganisation The Future of Freedom Foundation. Ja, ein Experte von General Motors habe sogar bestritten, dass man überhaupt beweisen könne, dass Airbags auch nur ein einziges Leben gerettet hätten. Streng logisch gesehen hat der Mann recht – siehe oben.
Airbag macht oft alles schlimmer
Auch wenn der Airbag planmäßig auslöst, macht er häufig alles nur noch schlimmer. Für eine Begegnung mit dem Knallkissen zahlen Autofahrer oft einen hohen Preis. Die bereits zitierte Future for Freedom Foundation zählt jährlich 300 000 Airbag-Verletzte in den USA. 300 000! Und deren Verletzungen sind kein Spaß: Amputationen, komplizierte Knochenbrüche, Knalltrauma und Tinnitus, um nur einige zu nennen.
Vielleicht retten Airbags auch Leben. Aber nicht immer. Airbags können auch töten. Von »Killer-Airbags« spricht beispielsweise die Eastern Forensic Science Group aus Gainesville, Florida, die sich auf die Rekonstruktion von Unfällen, insbesondere von Airbag-Unfällen, spezialisiert hat: »In Ihrem Lenkrad tickt eine Zeitbombe, und die Hersteller erzählen nur Lügen darüber. Die US-Regierung schweigt, und die Versicherungsindustrie vertuscht es.«
Airbags können auch versagen, heißt es auch auf injury.com, einer amerikanischen Website, die Verletzungsopfer mit Anwälten zusammenbringt. »Wenn das passiert, gehen sie entweder ohne Grund los oder zünden nicht, wenn sie gebraucht werden. Bei der Freisetzung entwickeln Airbags eine Geschwindigkeit von mehr als 200 Meilen pro Stunde und eine Wucht von einer halben Tonne. Selbst wenn die Fahrer sich nicht aufstützen und ihre Finger nicht von dem explodierenden Airbag erfasst werden, gehen sie das Risiko von Gehirnerschütterungen, Hirnschäden und sogar Erstickung ein, wenn sie sich von dem Airbag nicht befreien können [nur der Front-Airbag erschlafft sofort, andere Airbags halten die ›Luft‹ unter Umständen minutenlang].
Hände weg vom Airbag!
Airbag-Verletzungen sind ernst und können tödlich sein, und viele Verletzungen könnten vermieden werden, wenn Fahrer und Passagiere ihre Hände und Arme beim Aufprall nicht nach vorne strecken würden. [Da viele Unfallopfer im Moment des Crashs lenken, befinden sich Finger, Hände und Arme im Moment der Auslösung häufig über dem Airbag.] Daumen und Finger können abgerissen werden, Arme können zahlreiche Knochenbrüche erleiden. Man kann auch schwere Augen-, Gesichts-, Kopf- und Hirnverletzungen erleiden, wenn Airbags auslösen.
Viele Verletzungen und Todesfälle könnten auch verhindert werden, wenn Menschen kleiner Statur, darunter auch Kinder, Alte und Schwache, es vermeiden würden, auf Sitzen mit Airbags zu sitzen. Airbags sind für Menschen gedacht, die 170 cm groß sind und 80 Kilo wiegen. Kleinere Fahrer, etwa Frauen, müssen sich leider oft näher an den Airbag setzen, um das Lenkrad zu erreichen, und es gab zahlreiche Fälle, bei denen der Airbag die primäre Ursache von schweren Verletzungen war, nicht die Kollision.«
Amputation von Fingern, Händen und Unterarmen
Amputationen stehen bei Airbag-Unfällen auf dem Programm, etwa wenn Finger auf der Airbag-Abdeckung liegen oder man diagonal über das Lenkrad greift (was beim Lenken in einer Unfallsituation häufig vorkommt). In einem Report amerikanischer Unfallärzte heißt es: »Über zehn Jahre klinischer Studien und Erfahrungen haben nicht nur unwiderlegbar gezeigt, dass ein Insasse in unmittelbarer Nähe zu einem sich entfaltenden Airbag ernste Verletzungen oder den Tod erleiden kann. Sondern auch, dass die Nähe der oberen Extremität eines Insassen zu einem sich entfaltenden Airbag oder einer Airbag-Abdeckung zu einer Amputation von Fingern, Händen und Unterarmen sowie komplizierten Splitterbrüchen führen kann, wobei die Geschwindigkeit des Fahrzeugs keine Rolle spielt.«
Hohe Dunkelziffer
Natürlich, denn maßgeblich ist die Geschwindigkeit des Airbags, und die beträgt rund 320 km/h. Der Insasse kann also auch bei einer geringen Geschwindigkeit des Autos total zerschmettert, Gliedmaßen können amputiert werden. Das Schlimme: Dabei dürfte die Dunkelziffer schwerer Airbag-Verletzungen sehr hoch sein. Der Airbag hängt nach einem Unfall schließlich schlaff aus dem Lenkrad oder aus dem Armaturenbrett.
Kaum jemand zieht ihn als Verletzungsfaktor in Betracht. Selbst das Unfallopfer nicht. Es sitzt mit, sagen wir, einem abgerissenen Daumen oder zertrümmertem Arm, Rippenbrüchen, Atembeschwerden und Herzrhythmusstörungen auf dem Fahrersitz.
Niemand wird sich über seine Verletzungen wundern: Was soll schon sein – schließlich hatte es einen Unfall. Wahrscheinlich wäre es ohne Airbag viel schlimmer gekommen – oder? Was in der Hundertstel- oder Tausendstelsekunde des Zusammenpralls mit dem Airbag passierte, kann aber niemand wissen – auch das Opfer selbst nicht. Der Daumen ist abgeknickt oder hängt nur noch an einem Hautfetzen? Ich bitte Sie: Wahrscheinlich hat sich der Fahrer im Moment des Unfalls auf dem Lenkrad abgestützt. Viele Verletzungen werden dem Airbag gar nicht zugeschrieben. Vor allem solche nicht, die man nicht sehen kann.
Raus mit dem Airbag?
Denn da wäre ja noch der etwa 170 Dezibel laute Knall und die durch Explosion und Entfaltung verursachte Druckwelle. Für die Autofahrer-Ohren ist das kein Vergnügen. So erleiden »17 Prozent aller Menschen, die in einen Autounfall mit Airbag-Auslösung verwickelt waren, einen bleibenden Gehörschaden«, heißt es auf der Schwerhörigen-Website hear-it.org. Also fast jeder Fünfte!
Wenn man in Betracht zieht, wie schwer Menschen unter einem Gehörschaden, beispielsweise einem bleibenden Geräusch im Ohr, leiden, ist das eine ganze Menge. Das Hauptproblem besteht jedoch darin, dass viele ihren Tinnitus oder ihren Gehörschaden gar nicht dem Airbag zuschreiben.
Entweder weil sie die Beschwerden für eine allgemeine Folge des Unfalls halten und/oder weil diese erst Tage später auftreten. Wie gesagt: Der Airbag schlägt so schnell zu und erschlafft, dass er gar nicht als Ursache in Betracht gezogen wird. Es wird daher Zeit, dass der heimliche Feind im Cockpit einmal grundsätzlich betrachtet wird. Vielleicht könnte es schlauer sein, lieber auf stabile und gut gepolsterte Fahrgastzellen zu setzen. Die Konsequenz kann dann nur lauten: Raus mit dem Airbag!
Mit Material aus: verheimlicht – vertuscht – vergessen 2010
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Gerhard Wisnewski
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