Wenn gar nichts mehr geht, geht immer noch die Auschwitz-Keule. Damit kann man jedermann mundtot machen und außerhalb der Gesellschaft stellen – meint man. »Tondokumente« sollten beweisen, dass den Israelis von Bord der Hilfsschiffe quasi mit Auschwitz gedroht wurde. Und in diesen Zusammenhang sollten alle Insassen der Hilfsschiffe eingebunden und der »geistigen Mittäterschaft« angeklagt werden. Eine bewährte Methode. Doch leider ging das diesmal schief. Inzwischen rudert sogar das israelische Militär zurück …
Die Mavi Marmara verlässt Istanbul am 22. Mai 2010
Von Free Gaza movement
Der Funkverkehr zwischen dem Hilfsschiff Mavi Marmara und den israelischen Angreifern vom 31. Mai 2010 erscheint ungeheuerlich:
1. »This is the Israeli Navy. You are approaching an area which is under naval blockade.« (»Hier spricht die israelische Marine. Sie nähern sich einem Marine-Sperrgebiet.«)
2. »Shut up, go back to Auschwitz.« (»Halt’s Maul, geh zurück nach Auschwitz.«)
3. »We have permission from the Gaza port authority to enter.« (»Wir haben von der Gaza Hafenbehörde die Genehmigung zum Einlaufen.«)
4. »We’re helping Arabs go against the US, don’t forget 9/11, guys.« (»Wir helfen den Arabern gegen die USA, vergesst den 11.9. nicht, Leute!«)

Erste Richtigstellung der Israelis zu dem angeblichen »Auschwitz-Audio« (siehe unten)
Damit ist die Auschwitz-Keule geschmiedet und kreist gefährlich über den Köpfen all jener, die sich an Bord der Schiffe befanden. Denn ob sich dort nun Hunderte von Menschen aufhielten oder nicht – jeder soll für jede angebliche Äußerung des anderen in geistige und politische Sippenhaftung genommen werden.

Demonstration am 5.Juni 2010 in München gegen den Schiffsüberfall der Israelis
Was ist die Quelle des Audios?
Doch was ist die Quelle dieser angeblichen Originaltöne des Funkverkehrs? Veröffentlicht wurden sie laut Ynetnews, der Website der israelischen Tageszeitung Yedioth Ahronoth, von IDF: »Die IDF veröffentlichten am Freitag eine Audio-Reproduktion der Momente vor dem Entern der Gaza-Hilfsflotte.« Wer aber ist IDF? Und was ist mit »Reproduktion« gemeint? Die Lösung ist natürlich einfach. »IDF« steht für Israeli Defense Forces, also das israelische Militär. Damit ist die Glaubwürdigkeit dahin – nicht weil israelische Militärs gewohnheitsmäßig lügen würden, sondern weil Militärs überall auf der Welt gewohnheitsmäßig lügen, wenn es ihrer Kriegführung dient. Aus der Sicht des Militärs gibt es weder Wahrheit noch Lüge, sondern nur nützliche und schädliche Inhalte.
Zwar ist das noch kein Beweis für eine Fabrikation des Audios, aber trotzdem sollte man sich über diesen Umstand im Klaren sein. Für Fälschungen, sollte es eine sein, betreibt jedes Militär ganz ungeniert eigene Abteilungen unter der Überschrift »Psychologische Kriegführung«. Und zweifellos ist das fragliche Audio, ob falsch oder nicht, Teil dieser Kriegführung. »Denn nicht immer fabriziert die Psychologische Kriegführung Beweise, manchmal verbreitet sie auch wahre Informationen – wenn sie nützlich sind.

Demo in München gegen den Schiffsüberfall der Israelis
Echt oder falsch?
Wie könnte man nun die Echtheit dieses »Tondokumentes« feststellen? Entgegen dem Eindruck, der erzeugt werden soll, besagt es für sich genommen null und nichts. Denn ein solches 20-Sekunden-Hörspiel kann heute jeder Hauptschüler mit drei Freunden in einer Stunde an seinem Laptop produzieren. Nötig wären also Zeugen und Namen:
1. Wer waren die Sprecher?
2. Wo sind die unabhängigen Zeugen, die den Funkverkehr mitverfolgt haben?
3. Wo ist das unabhängige Gutachten, das die Echtheit des Funkverkehrs bestätigt?
Vielleicht habe ich diese Angaben bisher nur übersehen, aber aus meiner Sicht fehlt es an der nötigen »Beglaubigung« (oder populärer: »Erdung«) des Audios. Das (israelische) Militär ist als beglaubigende Instanz nicht zu gebrauchen. Im Gegenteil.
Besonders interessant: Nicht einmal das israelische Militär behauptet, dass die aggressiven Äußerungen von der Schiffsführung oder dem Funker des Hilfsschiffes stammen würden. Vielmehr heißt es auf Haaretz.com vom 4. Juni 2010, laut Militär handele es sich um Funkverkehr zwischen der israelischen Marine und »Passagieren« des türkischen Schiffes Marmara. Nun ja – Idioten gibt’s überall. Demnach handelte es sich also wohl nicht um autorisierte Personen der Gaza-Hilfsflotte.

Transparente bei der Münchner Demo
Nächste Frage: Wie und warum haben »Passagiere« Zutritt zum und Zugriff auf das Funkgerät eines Schiffes? Entweder war diese Gaza-Hilfsflotte wirklich eine sehr seltsame Flotte, oder hier stimmt etwas nicht. Denn egal welcher politischer Couleur: Nicht autorisierte Personen haben keinen Zugriff auf die Funkanlage des Schiffes. Um welche Mission es sich dabei handelt, ist völlig egal, denn zunächst einmal geht es um die sichere Navigation des Schiffes. Passagieren zu gestatten, mit anderen – zumal militärischen Schiffen – »herumzuquatschen«, ist nur äußerst schwer vorstellbar.
Ein Blick auf das Audio …
Werfen wir also einen Blick auf das Audio selbst und lesen es in ein Audio-Programm wie zum Beispiel »Audacity« ein. Dabei kann man auch optisch feststellen:

Werfen wir einen Blick auf das Audio
– Es handelt sich um vier unterschiedliche Sprecher.
– Die vier unterschiedlichen Sprecher befinden sich auf vier akustisch völlig unabhängigen Schnipseln, als wären sie aus unterschiedlichen zusammenhanglosen Quellen aneinandergehängt worden.
– Mit anderen Worten: Jeder Sprecher ist auf einem eigenen Tonschnipsel zu hören.
– Die Schnipsel weisen einen unterschiedlichen akustischen Hintergrund auf. Während zum Beispiel bei dem ersten O-Ton ein Brummen unterlegt ist, hört man bei den weiteren nur ein scharfes Rauschen, was natürlich auch an den benutzten unterschiedlichen Funkgeräten liegen kann.
– Zwischen den Schnipseln aber ist der Ton «stumm».

»Nulllinie« zwischen O-Ton 1 und 2 weist darauf hin, dass die O-Töne aneinandergehängt wurden
Und das ist besonders merkwürdig, denn normalerweise gibt es auch beim Abschalten eines Funkgerätes im Äther noch immer jede Menge Störgeräusche, die ein »Mithörer« aufnehmen müsste, zum Beispiel Rauschen. Das heißt, dass diese »Nulllinie« (der quasi »aseptische Zwischenraum«) auf eine Laborsituation hinweist.

Auch zwischen den restlichen O-Tönen gibt es stumme Bereiche, die darauf hinweisen, dass hier aneinandergeschnitten wurde

Schießlich gibt es noch zwei unterschiedliche Gesprächsebenen in den vier Äußerungen:
– eine inoffizielle Ebene (Beschimpfungen)
– eine offizielle Ebene (Hinweis auf die Genehmigung der Gaza-Hafenbehörde u.a.)
Mit anderen Worten könnte es sich bei einem Teil des Audios tatsächlich um den offiziellen Funkverkehr des Schiffes mit dem israelischen Militär handeln:
1. »This is the Israeli Navy. You are approaching an area which is under naval blockade.« (»Hier spricht die israelische Marine. Sie nähern sich einem Marine-Sperrgebiet.«)
3. »We have permission from the Gaza Port authority to enter.« (»Wir haben von der Gaza Hafenbehörde die Genehmigung zum Einlaufen.«)
Dies ist eine soweit sachliche Unterhaltung, wie sie im Funkverkehr zwischen Schiffen nicht nur zu erwarten, sondern auch vorgeschrieben ist. Diese beiden Teile korrespondieren miteinander, und zwar in Ton UND Inhalt. Das heißt: Die offizielle Ebene des Schiffes hat ganz sachlich mit den Israelis kommuniziert.
Was machen »Passagiere« am Funkgerät?
Die Beschimpfung Nr. 2 bezieht sich zwar scheinbar auf die israelische Warnung, korrespondiert aber weder im Inhalt, noch im Ton:
2. »Shut up, go back to Auschwitz.« (»Halt’s Maul, geh zurück nach Auschwitz.«)
Jeder Kapitän bzw. Schiffsfunker würde so etwas nicht gestatten und es unterbinden, da es tatsächlich die Sicherheit des Schiffes gefährdet. Sollte so etwas dennoch passieren, beispielsweise weil einfach jemand von der Seite ins Mikrofon quasselt, würde der Funker ihn rauswerfen und sich bei der Gegenseite entschuldigen – wer auch immer es ist. Denn eines muss zwischen Schiffen auf jeden Fall gewährleistet sein: Der sachliche Funkverkehr, vor allem, wenn es um eine Kommunikation mit bewaffneten Schiffen geht. Diese auf diese Weise zu provozieren, wäre in jedem Fall undenkbar.
Erstaunlicherweise funkt das Schiff angeblich aber noch eine weitere Schmähung:
4. »We’re helping Arabs go against the US, don’t forget 9/11, guys.« (»Wir helfen den Arabern gegen die USA, vergesst den 11.9. nicht, Leute!«)
Diese politische Äußerung ist offenbar an eine außenstehende Adresse gerichtet, denn der israelischen Marine muss man wohl nicht erklären, wer man ist und was man (angeblich) will. Beziehungsweise was einem zu wollen unterstellt wird. Überdies glaubt im arabischen oder islamischen Kulturkreis eigentlich niemand an die offizielle Version der Attentate vom 11.9.2001 und würde sich daher hüten, die offizielle Propaganda-Version des 11.9.2001 zu bedienen. Des Weiteren würde es sich bei der Äußerung um ein Bekenntnis handeln, dass man in terroristischer Mission unterwegs ist – in Gegenwart »feindlicher Schiffe« ein absoluter Albtraum.
Gesamturteil: Alles in allem ist der dargestellte Sachverhalt schwer nachvollziehbar. Bei dem angeblichen Funkverkehr zwischen dem Hilfsschiff Marmara und dem israelischen Militär handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine (Teil-)Fälschung.
Israelisches Militär rudert zurück
Tatsächlich rudert inzwischen sogar das israelische Militär zurück. In einer Pressemitteilung vom 5. Juni 2010 sieht man sich zu einer »Clarification/Correction« genötigt. »Es gab sowohl Fragen hinsichtlich der Authentizität als auch hinsichtlich der Herkunft der Aufnahme von der Mavi Marmara«, räumt das Militär ein.
Ferner räumt die Marine ein, das Audio heftig geschnitten zu haben. Ursprünglich war das Audio nicht 20 Sekunden, sondern knapp sechs Minuten lang. Dabei habe man sowohl Phasen der Funkstille als auch unverständliche Passagen entfernt. Das vollständige Audio habe man inzwischen ins Netz gestellt.
Auch die Behauptung, der fragliche Funkspruch sei von der Mavi Marmara gekommen, will man nun nicht mehr aufrecht erhalten. Wegen eines »offenen Kanals« habe man das genaue Schiff nicht identifizieren können, heißt es nun plötzlich. Bei dem Versuch, mit der Defny Y zu kommunizieren, hätten andere Schiffe auf dem Kanal geantwortet, ohne sich zu identifizieren. Dabei sei die umstrittene Äußerung gefallen.
»Es gab keinen solchen Funkspruch von irgendjemandem auf irgendeinem Boot in der ganzen Zeit, in der ich das Schiff kommandiert habe«, wird der Kapitän der Challenger 1, Denis Healey, zitiert, ein Mann mit 25 Jahren Seeerfahrung. Und dabei sei es »nicht möglich, dass irgendjemand mit irgendwem kommuniziert, ohne dass es von allen gehört wird«.
»Der offene Kanal ist immer der offene Kanal, und jeder weiß, wer am Funkverkehr teilnimmt«, sagt auch Huwaida Arraf, der die weibliche Stimme in dem Audio gehört. Wem allerdings die Stimmen der beiden »Hassprediger« gehören, ist immer noch unbekannt …
Copyright © 2010 Das Copyright für die Artikel von Gerhard Wisnewski liegt beim Autor.
Von Gerhard Wisnewski
Schlimmer gehts wohl nicht mehr: Da töten von einer Drohne aus abgeschossene Raketen im November 2002 sechs «Terrorverdächtige» im Jemen, also ohne jeden Schuldbeweis und ohne jedes Gerichtsverfahren. Und da soll im Januar 2006 die CIA mit einer bewaffneten Drohne ein Dorf in Pakistan bombardiert und zahlreiche Menschen getötet haben. Währenddessen verkauft die deutsche Presse die Killmaschinen als lustige Brummer, die unseren Himmel bevölkern werden und sich vor allem um die Umwelt kümmern sollen. Ähnlich, wie einst die gefährlichen Lastwagen auf unseren Straßen zu sympathischen «Brummis» umdefiniert wurden, veröffentlichte die Fernsehzeitschrift Hörzu am 27.1.06 einen großen, bunten Artikel über die schöne, neue Welt der Drohnen.
Offenbar haben die ferngesteuerten Schnüffler und Killer mittlerweile ein gewaltiges Imageproblem. Aber wie schon der Shuttle in eine umweltfreundliche Friedenstaube umgelogen wurde, so versucht man das jetzt mit den ferngelenkten Killmaschinen: «Fünf bis zehn Jahre noch, dann wird es am Himmel gewaltig brummen. Hunderte, wenn nicht Tausende von Mini-Flugzeugen, sogenannten Drohnen, schwirren dann überall in der Welt durch die Luft.»

Lustig, wie? Unter der Überschrift «Faszination Wissenschaft» zählt die Hörzu insgesamt acht bebilderte Einsatz-Beispiele auf, von ferngesteuerten Morden ist dabei nicht die Rede.
Vielmehr können die Drohnen
«Aus großer Höhe Meeresströmungen registrieren, die in flachen Gewässern Sandbänke verlagern und so den Schiffsverkehr behindern
Stundenlang weite Strecken über abgelegene Waldgebiete fliegen, dadurch Brände frühzeitig entdecken und bei der Bekämpfung helfen
Meßdaten in der Atmosphäre sammeln, um Informationen darüber zu erhalten, in welchem Ausmaß Passagierjets die Luft verpesten
Großflächig Ozeane und Küstengewässer kontrollieren, um Meeresverschmutzer aufzuspüren und bei Katastrophen Informationen zu liefern
Nach illegalen Einwanderern fahnden. An der Grenze von Arizona zu Mexiko sind seit Sommer 2004 Militärdrohnen im Einsatz
Ständig in einer bestimmten Position kreisen und so vor allem in abgelegenen Gebieten als ‚Funkmast‘ Kommunikation per Handy ermöglichen
Meeresschutzzonen aus der Luft kontrollieren, um illegale Fischerei zu entdecken und die Übeltäter zu registrieren
Unzugängliche Gebiete wie die Antarktis erforschen und riesige Eisberge verfolgen, die mit der Strömung auf Schiffsrouten zutreiben.»
Apropos «treiben»: treibt einem das nicht die Tränen der Rührung in die Augen? Mir schon. Die groß abgebildete Beispieldrohne sehe ich nur noch wie durch einen Schleier. Aber dennoch: ich sehe sie.
Es ist eine Drohne vom Typ Predator, zu deutsch: Jäger. Was macht nun ein solcher Jäger in einer solchen politisch überaus korrekten Umweltschutzgeschichte? Die Frage muß erlaubt sein, denn in Wirklichkeit ist dieser Jäger zum Jagen da, und zwar zur Menschenjagd.
Was die Hörzu denn auch glatt zu erwähnen vergißt, ist, daß man unter diese Drohne Raketen vom Typ Hellfire schrauben kann, um mutmaßliche oder vermeintliche Terroristen zünftig zur Hölle zu schicken. Wenn ich den Artikel also mal um ein paar Bilder ergänzen dürfte:

Gerhard Wisnewski
c/o Kopp Verlag, Bertha-Benz-Str.
72108 Rottenburg a.N.