Roland Koch (2008)/ Von Armin Kübelbeck
Lange Zeit wurde Bilderberger und CDU-Vizevorsitzender Roland Koch als Nachfolger von Angela Merkel gehandelt. Gerade in den letzten Tagen schien sich der Kampf hinter den Kulissen zuzuspitzen. »Wie gefährlich ist Roland Koch für die Kanzlerin?«, schlagzeilte die »Bild«-Website noch am gestrigen 24. Mai 2010. Vor einer Woche sah das »faz.net« gar einen »unerklärten Krieg« zwischen Koch und Merkel (17.05.2010). Nun hat der hessische Ministerpräsident seinen Rückzug von allen politischen Ämtern erklärt und damit eine Art von politischem Selbstmord begangen.
Kein Zweifel: Der Mann war für höchste Ämter ausersehen – sogar für das höchste exekutive Amt im Staate: den Bundeskanzlerjob. »Er galt lange als Rivale der Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden Angela Merkel und war immer wieder für Spitzenämter in Berlin im Gespräch«, hieß es jetzt in Spiegel Online über den hessischen Ministerpräsidenten und stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Roland Koch.
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Heute, 25. Mai 2010, erklärte Roland Koch jedoch überraschend seinen Rückzug von allen politischen Ämtern.
Noch im Mai 2009, also vor der Bundestagswahl, besuchte er die Bilderberger-Konferenz in Athen, wo Geostrategen wie Henry Kissinger und David Rockefeller ihren regionalen Nachwuchs unter die Lupe zu nehmen pflegen, vier Jahre zuvor zum Beispiel auch Angela Merkel – genau wie frühere Bundeskanzler auch. Normalerweise ist die Konferenz das Sprungbrett in allerhöchste Ämter.
Bei Koch folgte anschließend die Verpuppungsphase. Während Angela Merkel den Wahlkampf bestritt, wahrte Koch in Richtung Berlin strikte Funkstille. Zumindest nach außen ließ er kein kritisches Wort verlauten. Nach der Wahl schien alles auf Koch hinauszulaufen: Die planmäßige Zerrüttung der Koalition und die Erzeugung eines desolaten Bildes in der Öffentlichkeit schienen auf die Einleitung eines Wechsels und die Präsentation eines »Retters« hinzudeuten. Als stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender war Koch formal die Nr. 2 hinter Angela Merkel. Und schließlich folgte pünktlich zum neuen Jahr 2010 sogar der offene Putschversuch: Vier CDU-Granden schrieben Angela Merkel den Scheidebrief. In einem Gastbeitrag auf der Website der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. Januar 2010 rechneten vier CDU Landesgrößen mit Angela Merkel ab, einer davon Roland Kochs Fraktionsvorsitzender in Hessen, Christean Wagner.
Beobachter wollten denn auch nicht an einen Zufall glauben: »Roland Koch habe seinen Fraktionsvorsitzenden Christean Wagner vorgeschickt, um seine eigene Kampfansage an die Bundeskanzlerin und Bundesvorsitzende der Union, Angela Merkel, ›zu platzieren‹. Das jedenfalls glaubt der Generalsekretär der hessischen SPD, Michael Roth, zu wissen«, schrieb die taz: »Denn ein solcher Vorstoß sei im ›selbsternannten Kampfverband hessische Union‹ ohne das Plazet des Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Roland Koch ›undenkbar‹.« Der Artikel der vier war ein einziges Scherbengericht. Nach einem formalen Lippenbekenntnis zu Angela Merkel war da die Rede von dem »enttäuschenden Wahlergebnis der Union«, von Versäumnissen, »den Wählern die eigenen Standpunkte zu verdeutlichen« und einer »gewollten Profillosigkeit«, die »in den Hochburgen zu massiven Verlusten« geführt habe.
Damit war die Eröffnung im Spiel um die Macht vollzogen. Nur wenige Tage später warf Roland Koch der Kanzlerin selbst den Fehdehandschuh hin und trat eine provokante Debatte über eine Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger los. Nach dem Motto: So geht es nicht weiter, in Berlin wird einfach zu lasch mit Hart-IV-Empfängern umgegangen. Wiederum nur wenig später gelang es Koch sogar, den Außenminister und Vizekanzler mit dem Thema zu infizieren. Mitte Februar 2010 später nahm plötzlich Guido Westerwelle den Fehdehandschuh auf, um ihn Bundeskanzlerin Merkel um die Ohren zu hauen. Während niemand eine Erklärung für diese scheinbar mutwillig losgetretene, neue Hartz-IV-Diskussion hatte, kann die Lösung in Wirklichkeit nur lauten, dass Westerwelle bereits übergelaufen war.
Doch der Funke sprang nicht über. Statt Beifall gab es nur Kopfschütteln für Koch und Westerwelle, statt Zustimmung zu ernten, geriet Koch in die Isolation und sackte die FDP in den Umfragen ab. Rätselhaft bleibt allerdings, wie sich Koch und Westerwelle in ein so unpopuläres Thema vergaloppieren konnten.
Worum es eigentlich ging, zeigt auch der Umstand, dass nun die gesamte Nachrückerschiene untergeht: Neben Roland Koch trat auch seine vorgesehene Nachfolgerin für das Ministerpräsidentenamt in Hessen zurück, die Umweltministerin Silke Lautenschläger. »Kochs Mädchen«, wie sie auch genannt wurde, blies regelmäßig in dasselbe Horn wir ihr großes Vorbild, unter anderem beim Thema Hartz IV. »Mein Politikstil hat immer gut zu dem von Roland Koch gepasst«, sagte Lautenschläger, »die in Wiesbaden als Nachfolgerin von Koch als hessische Ministerpräsidentin genannt wird, sollte der CDU-Politiker in das Bundeskabinett wechseln.« (echo-online.de, 15. Mai 2010)
Damit darf Kochs Übernahmeplan vorerst als spektakulär gescheitert gelten. Vorerst. Denn, so die Süddeutsche Zeitung: »Es wird zugig um Angela Merkel: Roland Koch will ein ›politisches Wesen‹ bleiben.«
Und das klingt wie eine Drohung.
Copyright © 2010 Das Copyright für die Artikel von Gerhard Wisnewski liegt beim Autor.
Von Gerhard Wisnewski
Stellen Sie sich mal vor, sie sind Politik-Professor an einer amerikanischen Universität, und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks packt Sie die große Sinnkrise. Vorbei der schöne Ost-West-Konflikt. Perdu der Kalte Krieg. Hektisch suchen Sie nach anderen Konflikten, die den Dauerkonflikt zwischen Ost und West ersetzen könnten. Und Sie werden fündig: Wie wäre es zum Beispiel mit einem «Kampf der Kulturen»? Da gibt es schließlich auch soetwas wie Blöcke, nämlich Hunderte von Millionen Muslime und Christen, die sich gegenüberstehen.
Und da gibt es auch Interessen, vor allem das, daß die Muslime auf dem Öl sitzen. Der schwarze Saft gehört praktisch Allah – ein untragbarer Zustand. Flugs schreiben Sie ein dickes Buch, nennen es «Kampf der Kulturen» und prophezeien etwas zu jener Zeit vollkommen Abwegiges, nämlich weltweite, gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen.
Während andere schon vom «Ende der Geschichte» schwärmen, versteigen Sie sich zu der abstrusen Annahme, daß nach der Überwindung des politischen Konflikts nun die Kultur die Grundlage der Neuen Weltordnung sei. Und um es ganz wild zu machen, behaupten Sie, Kulturen repräsentierten die einzig wahren menschlichen Stämme, und der Kampf der Kulturen sei ein Stammeskonflikt im Weltmaßstab. Im Grunde genommen prophezeien Sie also nicht mehr und nicht weniger als ein neues Mittelalter, in dem sich Religionen und Ethnien in einem wilden Hauen und Stechen gegenüber stehen.
Ansonsten harren Sie der Dinge, die da kommen werden. Aber da Sie eben bloß ein kleiner Politik-Professor an irgendeiner Uni sind, können Sie da lange warten – denn die Weltgeschichte «doesn’t give a damn» auf irgendwelche Politik-Professoren.
Komischerweise nicht bei dem Harvard-Professor Samuel Huntington. Ganz im Gegenteil: Die Weltgeschichte beeilt sich verdächtig beflissen, seine «Prophezeiungen» und Überlegungen eintreffen zu lassen, und zwar schon fünf Jahre nach dem Erscheinen seines Buches «Clash of Civilizations» im Jahre 1996. Da, am 11. September 2001, bretterten doch glatt ein paar wildgewordene Muslime mit gekidnappten Airlinern in Gebäude in New York und Washington. Fertig war der schönste Kampf der Kulturen. Und heute kann man auch exakt jene weltweiten, gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen beobachten, die Huntington voraussagte: Muslime und Nichtmuslime schlagen sich die Köpfe wegen ein paar miserabler «Karikaturen» ein. Und über allem sitzt die US-Regierung und reibt sich die Hände, weil es nun bald Zeit ist, die frechen Muslime platt zu machen und das ganze Öl zu christianisieren.
Erstaunlich, wie?
Es geht so. Denn die schönste Prophezeiung ist nur noch halb so gut, wenn der Hellseher das Rad der Geschichte selber dreht. Genau das ist bei Huntington der Fall. Der gute Mann gehört nämlich zu den Vordenkern und Masterminds der heutigen US-Regierung und insbesondere der sie tragenden Neo-«Konservativen». So sitzt er in Drahtzieher-Kreisen wie etwa der New Atlantic Initiative des American Enterprise Institute. Neben Huntington sind diesem Club auch Norman Podhoretz, Donald Rumsfeld, William Kristol und Richard Perle assoziiert, die wiederum auch im Project for the New American Century aktiv sind, der bestimmenden Denkfabrik der gegenwärtigen US-Regierung.
So könnte es durchaus sein, daß es sich bei Huntingtons «Kampf der Kulturen» weniger um eine Prophezeiung handelt, als vielmehr um ein Drehbuch, das nun von der US-Regierung und ihren weltweit tätigen Provokateuren umgesetzt wird.
Gerhard Wisnewski
c/o Kopp Verlag, Bertha-Benz-Str.
72108 Rottenburg a.N.