Zu gern würde man endlich Krieg gegen den Iran und sein »unmenschliches Regime« führen. Doch nun kommt erneut eine bekannte Rechtfertigung für dieses Ansinnen abhanden – die angeblich blutige Unterdrückung der Protestbewegung und vor allem der skrupellose Mord an einer Studentin namens »Neda« im Juni 2009. Ein von der News-Seite »Arbeiterfotografie« befragter Fachmann in Sachen Reanimation sagt: An den damals weltweit verbreiteten Videos von dem Geschehen stimmt so gut wie nichts …
Erinnern Sie sich noch an das iranische Mädchen »Neda«, das am 20. Juni 2009 bei einer Demo in Teheran plötzlich blutüberströmt am Boden lag? Aus vielerlei Gründen habe ich in meinem Kritischen Jahresrückblick 2010 Zweifel angemeldet, ob dabei alles mit rechten Dingen zuging. Das Blut auf »Nedas« Gesicht erschien mir »wulstartig und dick wie Ketchup« und als »zähflüssige Masse, die an geschmolzenes Siegelwachs erinnert«. »In der Tat ziemlich merkwürdig« fand die Flüssigkeit auch ein von mir befragter Arzt, der häufig als Notarzt im Einsatz war.
Nun hat die News-Seite »Arbeiterfotografie« weiter recherchiert und einen Fachmann für den Bereich zwischen Leben und Tod befragt, »der seit mehr als 30 Jahren auf dem Gebiet der Intensivmedizin und Anästhesie tätig ist. Zu seinem Aufgabengebiet gehört insbesondere die Reanimation.«
Ergebnis: An dem Bild der blutüberströmten »Neda« stimmt so gut wie nichts.
Wer erinnert sich nicht an diese denkwürdigen Szenen, die anlässlich der Unruhen im Iran im Juni 2009 via YouTube um die Welt gingen: Geschrei, Unruhe, eine Frau sackt plötzlich zusammen und wird von zwei »Helfern« sanft auf den Boden gelegt. Die Helfer beugen sich über sie, knapp unter dem Hals presst einer der beiden (angeblich ein Arzt) beide Hände auf ihre Brust.
Schon falsch, sagt der Fachmann der »Arbeiterfotografie« – beziehungsweise: Was soll das?
Denn für eine Herzdruckmassage setzt der Helfer viel zu hoch an – eben knapp unter dem Hals. Außerdem sieht man ihn auf dem Video kein einziges Mal wirklich den Brustkorb niederdrücken. Sollte dieses Handauflegen dann vielleicht gar keine Herzdruckmassage sein, sondern der Blutstillung dienen, wie der Arzt dies später selbst behauptete? Auch das wäre eine – zumal für einen Arzt – äußerst merkwürdige Maßnahme, denn durch diese Art »Druckverband« würde nun das Blut aus der angeblichen Brustschusswunde in den Zwischenraum zwischen Lunge und knöchernem Thorax gepresst werden – was, so darf ich hinzufügen, auf jeden Fall lebensgefährlich und daher zu vermeiden wäre. Denn in diesem Fall könnte die Lunge nicht mehr vom Brustkorb geweitet und damit voll Luft gesogen werden. Sprich: Die Person könnte dann nicht mehr atmen.
Wie der »Arbeiterfotografie«-Experte ausführt, würde ein Arzt daher das genaue Gegenteil einer solchen dilettantischen Blutstillung unternehmen. Statt das Blut im Brustkorb zu stauen würde er versuchen, den Blutabfluss nach draußen zu erleichtern, sprich: Eine Drainage vornehmen. »Das Auflegen der Hände wäre eine sehr laienhafte Maßnahme.«
Kommen wir zu dem berühmten Bild des blutüberströmten Gesichts (siehe oben). Zunächst stellt der Reanimationsexperte fest, dass »Neda« für einen Brustschuss mit anschließendem Versagen des Kreislaufs verdächtig »gesund« aussieht: »Der Teint der Frau sieht makellos aus. Wenn aber das Kreislaufssystem zusammengebrochen wäre, würde das Blut aus den oberen Regionen versacken. Die Haut bekäme eine bleiche Farbe.« Auch bei einer »Südländerin« wie »Neda« sei das feststellbar: »Sobald das Kreislaufsystem versagt, existiert kein Druck (Blutdruck) mehr, der das Blut zum Gesicht transportieren könnte.« Kurz: Wer soviel Blut AUF dem Gesicht hat, hat es meistens nicht mehr IM Gesicht.
Neben vielen weiteren Ungereimtheiten kommt dem Mann auch das »Blut« selbst merkwürdig vor: »Hier wurde im sprichwörtlichen Sinn zu dick aufgetragen«, meint er. »Solch dicke, wulstartige Blutkoagel (klar abgegrenzt zur Gesichtshaut), wie sie auf dem Bild zu sehen sind«, würden sich nicht einmal »nach 5 Minuten« entwickelt haben (Koagel = Klumpungen). Die Zeit zwischen »Schussverletzung« und sichtbarer »Blutung« an Nase und Mund sei aber viel kürzer gewesen. »Blut« will der Mann das daher auch nicht nennen.
»Die Menge an roter Flüssigkeit«, erläutert er weiter, »die innerhalb von zwei Sekunden angeblich durch Austritt aus Nase und Mund auf dem Gesicht erscheint«, sei für den Zustand mit (fast) geschlossenem Mund außerdem »zu groß«: »Das Blut würde in der Lunge und im Magen verschwinden.« Das heißt: Bevor so viel Blut aus Mund und Nase sickert, laufen bei einem Brustschuss erst mal Lunge und Magen voll. Und natürlich – wenn man die Wunde mit der Hand zuhält – auch der Zwischenraum zwischen Lunge und Thorax. Anders sieht das vielleicht bei einem Kopfschuss aus, aber um einen Kopfschuss handelte es sich ja nun mal nicht. »Es kann auch kein verschlucktes Blut sein, das erbrochen wurde«, so der Experte weiter: »Erbrochenes Blut hat durch die Vermischung mit Magensäure eine wesentlich dunklere Farbe. Bei einem Thoraxtrauma mit Lungenbeteiligung wäre das Blut durch die Vermischung mit Luft schaumig. Es stellt sich die Frage, woher die rote Substanz auf dem Gesicht der Frau tatsächlich kommt.«
Tja – woher nur? Hat da etwa eine der hilfreichen Hände, die sich so flink über »Nedas« Gesicht bewegten, nachgeholfen? Auf einem Bild (Abb. 3, Nr. 3, siehe Link unten) sieht es so aus, als würde ihr jemand mit der linken Hand etwas in die Nase träufeln und ihr dieselbe dabei mit der rechten Hand zuhalten. Das wäre auch logisch, denn sonst würde die Frau Reflexe zeigen, zu prusten und zu niesen beginnen und sich einfach aufsetzen. Aus wär’s mit der Vorstellung. Also müsste man ihr zumindest am Anfang die Nase zuhalten, damit sie keinen »Schockreflex« durch die einlaufende Flüssigkeit bekommt.
Fazit: Die Schockvideos vom Tod des Mädchens »Neda« enthalten zwar alles, was man als Tatort-Zuschauer bei einem solchen Notfall erwarten würde: Zusammensacken, Herzmassage oder Druckverband auf der Brust, Blutstrom aus Mund und Nase – nur medizinisch ergibt das alles keinen Sinn .
Lesen Sie den ausführlichen Artikel bei »Arbeiterfotografie« mit allen Videos und zahlreichen Standbildern (http://www.arbeiterfotografie.com/iran/index-iran-0049.html).
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Gerhard Wisnewski
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