Eine Sau jagt die andere durch das Mediendorf. Aber nun trampeln sich die Medien-Säue auch noch gegenseitig tot: Terroranschlag, Nacktscanner, CDU-Führungskrise, Erdbeben in Haiti. Statt die eine oder andere Sau aufzuhalten, müssen wir sie unter einem ganzen Haufen von medialen Borstentieren hervorziehen und regelrecht bergen, um sie noch einmal näher zu betrachten: Nacktscanner also. Nach einem offensichtlich inszenierten »Terroranschlag« am 25. Dezember 2009 hat der würdelose Albtraum an unseren Flughäfen neue Dimensionen erreicht. Das meinen auch die Autoren einer Bundestags-Petition gegen den Körperscanner-Irrsinn.
Arme heben, Gürtel lösen, Schuhe ausziehen, Körper befummeln und die ganze Kleidung durchleuchten lassen, eine Stunde vor der Landung sitzen bleiben, nicht mehr auf die Toilette und nicht mehr ans Handgepäck dürfen, Passagierflugzeuge abschießen: Wenn uns das jemand vor 20 Jahren erzählt hätte, hätten wir ihn für verrückt erklärt. So etwas würden sich Millionen Flugpassagiere niemals gefallen lassen, hätten wir ihm mit einem Fingerzeig an die Stirn erklärt.
Dabei ist das ganz »billig« zu haben. Man muss nur drei Hochhäuser sprengen und als Erhaltungsdosis alle paar Jahre ein paar von Geheimdiensten angeheuerte Figuren in einem Flugzeug zündeln lassen – und schon lassen wir alles mit uns machen. Irgendjemand macht ein Streichholz an, ein anderer wirft sich auf ihn und gibt hinterher ein paar Interviews – und ab geht es in den Orwellstaat. Das Ganze ist nichts weiter als eine Dressurnummer. Welche Kunststückchen kann man mit den Passagieren wohl noch anstellen? Ohne Schuhe und ohne Gürtel fliegen? Nicht mehr sprechen dürfen? Und dann?
[local /data/image/gerhard_wisnewski/2010-01/Wisnewski-Sputnik-Teil1.mp3 Wisnewski Sputnik 1 16.01.2010]
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Interview mit Gerhard Wisnewski aus MDR Sputnik »360 Grad« vom 16. Januar 2010, gesamter Podcast hier.
Wissen Sie, woran mich das erinnert? An die bedauernswerten Figuren, die mit Augenmasken und Ohrenschützern gefesselt hinter dem Stacheldrahtzaun von Guantanamo knien. Oder ist Ihnen noch nicht aufgefallen, dass Sie am Flughafen inzwischen behandelt werden wie im Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses?
Ich behaupte: Die perversen Praktiken an den Flughäfen verstoßen schon lange gegen Artikel 1 Grundgesetz. () Entweder bestehen wir nun darauf, dass dieses Grundgesetz gilt, oder … oder was?
Oder wird sind es nicht wert. Oder wir haben es nicht besser verdient, als in einem Guantanamo-Staat zu leben. Merkt denn niemand, wie seine Menschenwürde schon lange mit dem Sicherheitsargument mit Füßen getreten wird? Kein Mensch muss sich das bieten lassen. Niemand muss mit einem solchen Flug in den Urlaub fliegen. Kein Mensch muss sich von seinem Arbeitgeber zu einem derartigen Flug und damit zu einer derartigen Prozedur zwingen lassen. Und dafür müssen wir denn auch einstehen. Ob mit oder ohne Verfassungsgericht. Denn auch das Verfassungsgericht hat die Menschenwürde nicht erfunden, ja nicht einmal die Väter des Grundgesetzes. Letztlich müssen wir die Menschenwürde selber schützen. Zum Beispiel so wie Frau Müller aus Düsseldorf:
[local /data/image/gerhard_wisnewski/2008-08/mueller-duesseldorf.mp3 Müller-Düsseldorf]
Oder so wie die Piratenpartei.
Oder in Form einer Online-Petition an den Bundestag:
Wer meine Website und meine Berichterstattung kennt, weiß, dass ich bereits seit Herbst 2006 für dieses Instrument kämpfe (siehe die Links am Ende des Artikels). Dabei ging es einerseits um den Erfolg und die Unterzeichnerzahl von Petitionen. Andererseits ging es um ein seriöses Petitionssystem. Unter anderen kritisierte ich die Auslagerung des Online-Petitionssystems des Deutschen Bundestages ins Ausland und die Manipulation von Online-Petitionen. Inzwischen (seit 2008) hat der Bundestag ein eigenes Online-Petitionssystem, das nicht mehr in Schottland gehostet wird.
Die Online-Petition gegen den Einsatz von Wahlmaschinen gab den Startschuss für immer erfolgreichere Online-Petitionen. Sie brachte es auf insgesamt 45.127 Unterzeichner. Die Petition für ein bedingungsloses Grundeinkommen wurde von knapp 53.000 Menschen unterschrieben, die für ein Praktikumsgesetz von 60.000 und die gegen die Indizierung und Sperrung von Internetseiten sogar von 134.000 Menschen.
Weiter so, kann man da nur sagen. Nutzen wir dieses Instrument!
Die Petition »Datenschutz – Keine Zulassung von Ganzkörper-Scannern« () wurde am 3. Januar 2010 von Norbert Hense eingereicht und kann noch bis zum 23. Februar 2010 unterzeichnet werden. Bisher haben dies immerhin schon über 8.000 Bürger getan, mehr als bei allen anderen zurzeit laufenden Online-Petitionen. Aber es müssen viel mehr werden!
Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge sich dafür aussprechen keine Ganzkörperscanner (auch Nacktscanner genannt) an deutschen Flughäfen zuzulassen.
Begründung
Der Einsatz von Nacktscannern ist ein tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Flugreisenden und ein Angriff auf die Menschenwürde die durch Artikel 1 des Grundgesetzes besonders geschützt ist.

Wenn wir nicht auf der Menschenwürde bestehen – die Herren Schäuble, Schily, de Maizière, Obama oder die Damen Merkel, von der Leyen, Clinton werden es sicher nicht tun. Denn sie sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
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