Kollabierende Zinsen und fallende Goldpreise: Ja, was bleibt denn da? Vor allem Aktien, will uns der Mainstream einreden. Die Europäische Zentralbank will die Anleger sogar mit Negativzinsen aufs Börsenparkett treiben. Kein Wunder, denn schließlich besitzen die Zentralbanken selbst Aktien. Und wer Wertpapiere pusht, will irgendwann auch Kasse machen − das ist nun mal ein ehernes Gesetz. Der Schwarze Donnerstag lässt grüßen.

Mario Draghi 2013/Von World Economic Forum
Preisfrage: Wie steuert man eigentlich eine Schafherde? Oder eine x-beliebige Viehherde? Ganz einfach: Wenn man will, dass die Herde in eine ganz bestimmte Richtung läuft, stellt man in den anderen Richtungen Hürden auf. In der Viehhaltung nennt man das »Gatter«. Und wenn man alles andere mit Gattern vollstellt, kann man schließlich sicher sein, dass die Tiere in die gewünschte Richtung laufen werden. Genau dasselbe passiert nun an den Finanzmärkten. Eine Anlageform nach der anderen wird für den Anleger unattraktiv gemacht − bis auf Immobilien und Aktien. Und das ist denn auch die Richtung, in die das Publikum laufen soll.
Nicht genug damit, dass die Zinsen seit Jahren gnadenlos nach unten gedrückt wurden − nun drehen sie auch noch in den negativen Bereich. Banken, die bei der Europäischen Zentralbank kurzfristig Gelder parken wollen, bekommen keine Zinsen mehr, sondern müssen Geld an die EZB zahlen: »Seit dem Sommer verlangt sie von Geschäftsbanken einen Strafzins von 0,2 Prozent, wenn diese Geld bei der Notenbank parken«, schrieb das Handelsblatt am 29. Oktober 2014. Und das wiederum kann nicht ohne Folgen für die Kunden dieser Banken bleiben, denn die Kreditinstitute wollen sich das Geld natürlich zurückholen.
Ausgerechnet die kleine, kaum bekannte Deutsche Skatbank aus dem Spielkarten-Eldorado Thüringen machte jetzt den Anfang und verlangt neuerdings Strafzinsen von Kunden mit dicken Konten. »Ab einem Guthaben von 500.000 Euro beträgt der ›Strafzins‹«, den die Kunden der Deutschen Skatbank zahlen müssen, 0,25 Prozent, berichtete das manager magazin: »Allerdings nur, wenn das Gesamtguthaben drei Millionen Euro überschreitet, wie inzwischen konkretisiert wurde.«
Vertreibung aus der Sicherheit
Egal − der Anfang ist gemacht. Marktbeobachter gingen davon aus, »dass die Banken zunächst die Reaktion auf den Vorstoß der Skatbank abwarten, bevor sie sich aus der Deckung wagen«. Mit nicht vorhandenen oder gar negativen Zinsen werden für die traditionell beliebtesten Anlageformen hohe Hürden aufgebaut und die Sicherheit suchenden Anleger aus ihnen vertrieben:
Das sind genau jene Sparformen, die schon immer zum Aufbau einer Altersversorgung genutzt wurden. Die Niedrig- oder gar Negativzinspolitik der Zentralbanken gefährdet damit die Altersvorsorge der Bevölkerung.
Schlimm sind die Folgen nämlich auch für Lebensversicherungen: »Der Garantiezins für Lebensversicherungen wird wegen der Niedrigzinspolitik der EZB ab 2015 von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent auf den Sparanteil sinken − die Lebensversicherung, einst liebstes Kind der deutschen Sparer, ist nicht mehr attraktiv« (manager magazin).
Das offene finanzielle Schlachtfeld
Was heißt hier »nicht mehr attraktiv«! Die genannten Anlageformen sind schlicht keine Option mehr. Der Weg zur zukunftssicheren Geldanlage wird der Bevölkerung versperrt. Die Niedrigzinspolitik der EZB bedeutet, dass sich alle Arten von Anlegern aus ihren sicheren Unterständen auf das offene finanzielle Schlachtfeld der Aktienmärkte wagen, wo sie schnell ihr Vermögen und ihre Zukunft verspielen können. Oder wodurch soll der Aktienboom der vergangenen Jahre sonst maßgeblich mitverursacht worden sein, wenn nicht durch die Niedrigzinspolitik?
Solange smarte Groß- und Profianleger an der Börse spekulieren, ist das vielleicht weniger schlimm − oder auch nicht. Denn auch verzockte Unternehmensvermögen kosten schließlich Arbeitsplätze. Noch anders sieht die Sache aus, wenn nun vermehrt der kleine Sparer oder Mittelständler durch die Zentralbanken animiert wird, seine Haut bzw. sein Vermögen zu Markte zu tragen − und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die risikoarme Geldanlage wird durch die aktuelle Zinspolitik der Notenbanken zunichte gemacht und Anleger in Risiken getrieben, die sie weder verstehen noch eingehen wollen.
Die Verflüssigung des Volksvermögens
Zusätzlich soll eine weitere traditionell als sicher angesehene Geldanlage »unattraktiv« gemacht werden, nämlich Edelmetalle. Seit August 2012 befinden sich die Kurse auf Talfahrt. Auch Edelmetalle scheinen also kein sicherer Hafen mehr zu sein. Die Botschaft ist klar: Wer nicht will, dass er durch niedrige Zinsen und EM-Preise enteignet wird, muss die Enteignung auf den Aktienmärkten riskieren, weil nur noch dort Dividenden und Gewinne winken. Die Aktiendividende soll allen Ernstes der Zinsersatz von Morgen werden!
Durch die Niedrigzinspolitik werden Spargelder verflüssigt und in das Becken des Aktienmarktes geleitet. Dort warten schon die Haie auf das große Fressen: Nämlich die Großanleger und die Zentralbanken selbst. »Draghi euphorisiert die Börse«, hieß es kürzlich auf der Bild-Website.
Warum wohl? Ganz einfach: Die Zentralbanken, also dieselben Institutionen, die laufend die Zinsen nach unten und die Börsen hochschrauben, besitzen selber enorme Aktienpakete und hätten gerne, dass deren Wert zunimmt: »Die Notenbanken rund um den Planeten haben in der jüngsten Zeit heimlich, still und leise für einen zweistelligen Billionen-Dollar-Betrag Aktien gekauft«, schrieb kürzlich der Autor Markus Gärtner: »Wer sich danach noch wundert, warum die Aktienkurse nur noch steigen, ist selbst schuld.« »Überraschend ist, in welchem Maße Zentralbanken Aktien halten. Dieser Wert belaufe sich auf 13,2 Billionen Dollar …«, berichtete die Website humane-wirtschaft.de: »Sind sie damit nicht direkt an der Blasenbildung beteiligt, die am Ende nur dazu führen kann, dass alle in den Abgrund gerissen werden?« (18.6.14)
Der größte Coup des Planeten?
Und ob. Aber was heißt hier »alle« − alle bis auf die Zentralbanken und die Insiderkartelle natürlich. Der enorm hohe Aktienbesitz der Zentralbanken könnte bedeuten, dass man gedenkt, sich auf Kosten von Millionen Anlegern zu sanieren. Die Zentralbanken erscheinen als »Pusher« in eigener Sache. Planen sie etwa den größten Coup des Planeten? Denn merke: Wer Aktien pusht, will Kasse machen, und das gilt auch für die Zentralbanken! Soll so die groß angelegte Enteignung des Volksvermögens funktionieren?
Das Beste daran wäre, dass ein derartiger »Aktiencrash« auf den ersten Blick nicht als Enteignung zu erkennen wäre. Und auch nicht auf den zweiten. Sondern je nachdem, wann die Draghi-Gangster die Lawine lostreten, hieße es dann eben »Schwarzer Freitag«, »Schwarzer Donnerstag« oder »Schwarzer Montag« − wie gehabt. Und während sich die Zentralbanken und Staatshaushalte saniert haben, bleibt dem Volk nur der Weg in die Suppenküche…
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Gerhard Wisnewski
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