Ein dünneres Papierchen gab’s noch nie: Nach fast zwei Monaten haben die sogenannten »Ermittlungsbehörden« doch noch etwas über Flug MH17 von sich gegeben. Die niederländische Unfalluntersuchungsbehörde Dutch Safety Board (DSB) hat einen »vorläufigen Bericht« über den Absturz vorgelegt. Die Aufzeichnungen des Cockpit Voice Recorders bleiben jedoch unter Verschluss. Außerdem vermeidet der Bericht peinlich genau irgendein Wort über die Insassen und Leichen. Sonst noch was? Ach ja: Der größte Teil des Flugzeugs fehlt.

MH-17-Route/Von Geordie Bosanko e Cmglee, tradotto da Umberto NURS
Schon wieder ein guter Grund, jede Zahlung an die öffentlich-rechtswidrigen Medien sofort einzustellen: Der vorläufige Bericht des niederländischen DSB über den Absturz von Flug MH17 am 17. Juli 2014 deute »ganz klar auf eine Beteiligung von professionellen, geschulten Militärs hin«, erzählte die ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf am 9. September 2014 in der ZDF heute-Sendung, »und das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die russischen Militärs beteiligt waren, sehr groß ist«.
Wer der Dame das eingeflüstert hat, weiß kein Mensch, denn selbst die niederländische NATO-Regierung hat schließlich vor voreiligen Schlüssen aus der Untersuchung gewarnt. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass die Boeing von einem Kampfflugzeug abgeschossen wurde − wovon die Rebellen keins besitzen. Inzwischen sind beim ZDF-Fernsehrat erste Beschwerden über dieses Juwel des Journalismus eingegangen.
Denn munter biegt Reporterin Eigendorf das am 9. September 2014 veröffentlichte Papier des Dutch Safety Boards (DSB) zurecht, um dann zu phantasieren: »Nur russische Militärs hatten wirklich Zugang zu diesem von Separatisten kontrollierten Gebiet.«
ZDF lügt dreist ein Millionenpublikum an
Was denn nun: Kontrollieren nun die Russen oder die Separatisten das Gebiet? Haben Letztere dort gar keinen Zugang, sondern nur russische Militärs? Und was ist mit den ukrainischen Soldaten: Sind die etwa nicht geschult und professionell, sodass nur russische Truppen als Täter in Frage kommen, die in der Ukraine freilich gar nicht vorhanden sind? In Wirklichkeit gibt es bis heute keinen Beweis für die Anwesenheit russischer Truppen in dem Land. Gegen Ende verwandelt sich der Korrespondentenbericht in reinste Science Fiction: »Das heißt«, schwadroniert Eigendorf vor Millionen Zuschauern über den Zwischenbericht des DSB, »eigentlich ist das Resultat, das Resumée, das man ziehen kann aus diesem Zwischenbericht: Die Wahrscheinlichkeit, dass Russland hier beteiligt war, ist groß.«
Wie man sich denken kann, ist nichts von dem, was die ZDF-Korrespondentin sagt, wahr. In Wirklichkeit vermeidet der Zwischenbericht des Dutch Safety Board peinlich genau jede Schuldzuweisung zu dem Absturz von Malaysian Airlines MH17 am 17. Juli 2014, und das geht auch gar nicht anders.
Denn nach den Bestimmungen der internationalen Luftfahrtorganisation ICAO »ist das einzige Ziel dieser Untersuchung die Vermeidung von ähnlichen Unfällen und Störungen«, heißt es da nämlich. »Es ist nicht der Zweck dieser Tätigkeit, irgendeine Seite zu beschuldigen oder in Haftung zu nehmen«. Entgegen dem von Eigendorf vermittelten Eindruck geht es bei Flugunfallberichten also nie um die Schuld, sondern allein um die Feststellung der technischen Ursache, um künftige Unfälle zu vermeiden. Irgendeine Verdächtigung in Richtung Russland kann schon deshalb nicht aus dem Bericht hervorgehen − nicht einmal indirekt.
Bericht oder Nicht-Bericht?
Das heißt: Eigentlich ist das Wort »Bericht« fehl am Platz. Schon eher handelt es sich um einen Nicht-Bericht. Denn wie selbst die Bild-Zeitung festgestellt hat: »Daten zum Abschuss bleiben geheim!« Auch die Abschrift des Cockpit Voice Recorders bleibt unter Verschluss. Wir dürfen also weder erfahren, was im Cockpit der Maschine in den letzten 30 Minuten vor dem Absturz exakt gesprochen wurde, noch was mit der Maschine genau passierte.
Den ukrainischen Angaben zufolge (die in das Papier einflossen) verschwand das Flugzeug einfach vom Himmel. Und zwar knapp über dem gesperrten Luftraum in der Ostukraine. Eine um 16:19 Uhr und 49 Sekunden von den Fluglotsen per Funk erteilte Genehmigung, einen bestimmten Wegpunkt anzufliegen, sei von der Besatzung nicht mehr bestätigt worden. Einen Notruf habe es auch nicht gegeben. Auch auf der Aufnahme des Cockpit Voice Recorders gebe es keine Anzeichen für irgendwelche Probleme.
Akustische Warnsignale des Flugzeugs seien dort auch nicht zu hören. MH17 sei einfach weg gewesen: »Die Besatzung eines anderen Flugzeuges, das in der Nachbarschaft flog, wurde gefragt, ob sie MH17 sehen könne oder das Flugzeug auf ihren Instrumenten habe. Die Besatzung dieses Flugzeugs antwortete, dass sie das Flugzeug nicht sehe und dass die Instrumente das Flugzeug von Flug MH17 nicht zeigten.«
Verschwiegene Daten
Über die Daten des Flugschreibers (Flight Data Recorder, FDR) hält man sich jedoch ebenfalls bedeckt. Von 88 Parametern, die ein solches Gerät mindestens aufzeichnen muss (wobei manche Flugschreiber auch die doppelte Menge aufzeichnen), werden in dem Bericht nur neun präsentiert. Aber statt farbiger Kurven, wie in anderen FDR-Diagrammen, sieht man nur durchgezogene Linien, die einfach zum Zeitpunkt des Ereignisses um 13:20 Uhr und fünf Sekunden UTC (16:20 ukrainischer Zeit) enden, als hätte die Maschine sich in Luft aufgelöst.
Das Problem ist nur: Solche Flugschreiber verfügen über eine eigene Stromversorgung und knipsen sich nicht einfach mitten in der Luft aus. Das ist ja gerade der Sinn eines Flugschreibers. Sein Zweck besteht eben gerade nicht nur darin, bis zu einem Zwischenfall aufzuzeichnen, sondern auch danach. Aber in diesem seltsamen Fall hören die Aufzeichnungen einfach abrupt auf, als wäre das Flugzeug nicht von einer Rakete oder einer Bordkanone getroffen, sondern von einer Atombombe pulverisiert worden. Kurz und gut, wir sehen nichts weiter als den Normalzustand eines fliegenden Flugzeuges.

Flugschreiber-Daten von Flug MH17: Plötzlich ist Schluss
Peinliches Schweigen über die Insassen
Besonders interessant ist auch das peinliche Schweigen über die Insassen. Wie hier schon berichtet, handelte es sich bei den Toten um alte, in Formalin eingelegte Leichen. Das geht jedenfalls aus einem ausführlichen und glaubwürdigen Augenzeugenbericht einer Anwohnerin aus Grabowo hervor, den die abchasische Nachrichtenagentur ANNA-News veröffentlichte. Auch andere Zeugen sprachen von alten Leichen. Wer nun erwartet hatte, dass diese Darstellungen von dem Zwischenbericht widerlegt würden, sieht sich getäuscht.
Im Gegenteil: Das peinliche Schweigen über den Zustand der Toten spricht Bände. Den 298 Insassen widmet das Papier gerade einmal eine halbe Seite. Schon die Überschrift dieses Absatzes: »Verletzungen von Menschen« ist falsch, denn der Abschnitt enthält nicht die geringsten Angaben über die Verletzungen und Todesursachen der Insassen. Stattdessen findet sich nur der dürre Satz; »Flug MH17 transportierte 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder. Es gab keine Überlebenden. Die Crew-Mitglieder waren alle Bürgerinnen und Bürger von Malaysia.« Anschließend listet der Absatz die Nationalitäten der übrigen Insassen des Flugzeugs auf.
Jedenfalls theoretisch. Denn diese Angaben stammen nicht etwa aus Ermittlungen am Absturzort, aus DNA-Tests der in die Niederlande übergeführten Toten oder aus den eingesammelten Pässen, sondern »aus Informationen der Fluggesellschaft, die auf den beim Check-In benutzten Pässen beruhen«.
Wo sind die Obduktionsbefunde?
Aber wo sind die Obduktionsbefunde der Insassen? Wie viele Leichen konnten geborgen werden? Woran sind sie gestorben: An Dekompression? An Erfrierung? An einer direkten Folge eines Raketeneinschlags? Oder erst beim Aufschlag? Weisen die Leichen Einschüsse oder Sprengstoffrückstände auf? Und wenn ja, von welcher Art Sprengstoff oder »Sprengkopf«? Nichts davon wird in dem Dokument erwähnt. Weder wird eine Zahl der geborgenen Leichen genannt, noch wo sie gefunden wurden: Alle an einer Stelle? Oder weit über das Trümmerfeld verstreut? Der Zustand der Toten wird nicht einmal grob beschrieben. Ja, die Worte »Leiche« oder »Körper« kommen in dem Bericht nicht ein einziges Mal vor. Schließlich gibt es auch keine Angaben über die Identifizierung der Toten: Wie viele Passagiere wurden identifiziert und mit welchen Methoden? Antwort: Fehlanzeige.
Und noch interessanter: Auch die Obduktionsbefunde der Piloten fehlen − normalerweise ein zentraler Punkt einer Flugunfalluntersuchung. Hatten sie zum Beispiel Drogen genommen? Standen sie unter Alkohol? Oder hatte einer einen Herzinfarkt? Wegen der langen Strecke flog die Maschine demnach mit vier Piloten. Aber wo waren sie überhaupt: Lagen sie im Bereich des Cockpits oder etwa woanders? Kurz: Die Piloten bleiben seltsam im Dunkeln. Anders als bei anderen Abstürzen werden keine genauen Angaben über Alter, Fluglizenzen und die letzten medizinischen Checks gemacht.
Diese Fragen werden in dem Bericht nur pauschal beantwortet: »Gemäß den Informationen von Malaysia Airlines [also einer Partei] waren alle Flugzeugführer Inhaber von gültigen medizinischen Zertifikaten und für das Führen einer Boeing 777 im kommerziellen Passagierverkehr angemessen qualifiziert«. Also beruhen weitere wichtige Fakten nur auf den Angaben von Malaysia Airlines. Demzufolge muss es sich bei den vier Piloten um die reinsten Zwillingspärchen gehandelt haben, denn ihre Flugstunden waren praktisch identisch: »Beide Kapitäne hatten über 10.000 Flugstunden, davon über 7.000 Stunden auf der Boeing 777. Beide Co-Piloten hatten mehr als 3.000 Flugstunden, davon etwas mehr als über 200 Stunden auf der Boeing 777.«

MH17: Peinliches Schweigen über den Zustand der Passagiere
Die Angaben über das Flugzeug selbst sind detaillierter. Demnach wurde es 1997 gebaut und wurde am 16. November 2013 nach einer Überholung wieder für den Verkehr freigegeben. Die letzte Wartung habe am 16. April 2014 stattgefunden. Vor dem Start in Amsterdam Schiphol sei im linken Triebwerk Öl nachgefüllt worden. Der Ölverbrauch auf dem vorhergehenden Flug nach Amsterdam sei aber normal gewesen. Berichte über technische Probleme habe es keine gegeben. Betanken und Bodenchecks seien ohne Zwischenfälle verlaufen. Der Himmel am Absturzort sei hauptsächlich bewölkt gewesen, mit einigen großen Quellwolken, aber kein Grund für irgendwelche Schwierigkeiten.
Nun zum Wrack selbst: »Wrackteile von Flug MH17 wurden in der Nähe der Städte Rozspyne und Grabowo über ein großes Gebiet verstreut gefunden. Die Hauptfundstelle befand sich 8,5 Kilometer in westlicher Richtung von der letzten bekannten Position des Flugzeuges entfernt.« Das Wrack bestand »aus vielen großen und kleinen Teilen, die über ein Gebiet in der Größe von etwa fünfmal zehn Kilometern verstreut waren. Rumpfteile, Ladung und Gepäck waren über die gesamte Absturzstelle verteilt.«
Wieder kein Wort über die Leichen. Aber: Der größte Teil des Flugzeugs fehlt. Riesige Rumpfsegmente sind bis jetzt nicht aufgetaucht. Gefunden wurden nur die Triebwerke, die Fahrwerke, ein Teil des Hecks und des Cockpits sowie ein kurzes, oberes Rumpfsegment. Der größte Teil des riesigen Rumpfes ist demnach abhandengekommen. Und zwar mitsamt Sitzen. Seltsam: Denn wo saßen dann die Passagiere? Oder anders gesagt: Wenn der Rumpf nicht gefunden wurde oder sich in Luft aufgelöst hat, warum wurden dann die Passagiere gefunden?

MH17: Der größte Teil des Wracks fehlt
Wie in den Medien bereits berichtet, bestätigen die Unfalluntersucher, dass Wrackteile des Cockpits Löcher und Einschnitte aufweisen. Aber auch das gibt nichts für die oben zitierte ZDF-Propaganda her, denn die Untersucher bleiben auf Distanz und vermeiden tunlichst Begriffe wie »Abschuss« oder »Rakete«: »Das im vorderen Rumpfbereich und im Bereich des Cockpits zu beobachtende Beschädigungsmuster stimmt mit dem Schaden überein, den man beim Eindringen einer großen Zahl hochenergetischer Objekte von außen erwarten würde«, heißt es da. Wie, wodurch und warum die »Objekte« eindrangen, wird nicht analysiert. Auch über Munitionsfunde im Wrack wird nichts gesagt.
Mit anderen Worten geben der Bericht und die darin geschilderte Situation mehr Rätsel auf, als Fragen zu beantworten. Am lautesten dröhnt das Schweigen über die Leichen, aber auch über den Hintergrund der Piloten und deren Obduktionsbefunde. Rätselhaft auch, wohin eigentlich der größte Teil des Flugzeuges verschwunden sein soll. Oder − auch diese Möglichkeit bleibt im Raume stehen − war er gar nie vorhanden? Wie schon gesagt, ist das nur ein »vorläufiger Bericht«. Große Hoffnungen auf den Abschlussbericht sollte man sich dennoch nicht machen, denn nach den Bestimmungen der internationalen Zivilluftfahrtbehörde ICAO hat das Land, in dem der Unfall stattfand, die Federführung über die Untersuchung. Und das ist nun mal die Ukraine.
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Gerhard Wisnewski
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