Tja, so richtig wohl fühlt man sich nicht im Zusammenhang mit der AfD: Ist sie bei der Europawahl nun wirklich Opfer des Systems geworden, wie geplante Strafanzeigen wegen Wahlmanipulation nahelegen? Oder ist sie etwa schon längst Teil des Systems, wie manche Kritiker glauben, und deshalb nicht häufiger gewählt worden? Während die AfD über Wahlmanipulation klagt, glauben andere, dass die mageren sieben Prozent der Alternative für Deutschland bei der Europawahl vom 25. Mai 2014 hausgemacht waren: »Wer wählt schon politisch korrekte Weicheier? «, fragten bereits Kritiker. Über manche Auftritte von AfD-Parteichef Bernd Lucke kann man sich wirklich nur wundern…

Bernd Lucke 2013/Von WDKrause
Den Parteienstaat und seine Propagandisten drückt der Schuh: Was werden die sieben aus Deutschland entsandten AfD-Leute im Europaparlament wohl so alles anstellen? Und mit wem werden sie zusammenarbeiten oder gar eine Fraktionsgemeinschaft bilden? Nach dem (mäßigen) Wahlerfolg der Alternative für Deutschland am 25. Mai 2014 wollte ZDF-Propagandistin Bettina Schausten am selben Abend dringend wissen, mit wem, um Gottes willen, die AfD denn nun im Europaparlament zusammengehen wolle.
Die EU-Freunde zittern nämlich vor einem Bündnis unter der Führung der starken britischen UKIP (United Kingdom Independence Party) und der französischen Front National (FN). Für Schausten war das also die Gretchenfrage: Würde die AfD im Europaparlament nun das UKIP-FN-Lager stärken oder nicht: »Die AfD ist Euro-kritisch, Sie sind durchaus europaskeptisch «, fragte Schausten AfD-Chef Bernd Lucke: »Die Gretchenfrage ist immer gewesen im ganzen Wahlkampf: Wie weit rechts stehen Sie eigentlich? Und die Gretchenfrage stellt sich ja jetzt, Herr Lucke, wenn es darum geht, dass Sie sich im Europäischen Parlament einer Fraktion anschließen müssen. Mit wem wollen Sie zusammengehen dort? «
Lucke: Kniefall vor den Staatsmedien?
Und Luckes Antwort wirft die Frage auf: Schafft der AfD-Chef sein gewonnenes Wählerpotenzial gerade gleich wieder ab? Nein, nein, beruhigte Lucke die führenden Eliten: »Das ist überhaupt keine Gretchenfrage, wir sind nicht im mindesten eine rechte Partei, wir sind ein Partei des gesunden Menschenverstandes. « Die Altparteien versuchten, »uns zu diffamieren als eine Partei, die irgendwie rechtslastig sei, nur deshalb, weil sie um ihre Macht besorgt sind «.
Die AfD sei überhaupt nicht rechtslastig, »sondern wir sind die wahren Europäer, denn wir weisen auch auf Fehlentwicklungen in Europa hin, aber wir sind die Partei, die Europa bejaht, die ein friedliches Europa und ein Europa der vertrauensvollen Zusammenarbeit will, bei gleichzeitiger Wahrung der Souveränität Deutschlands, unserer Entscheidungskompetenzen in wichtigen Politikfeldern… «
Was ganz so klingt, als wolle die AfD in der EU nur den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag machen und so etwas wie die Reparaturwerkstatt der Europäischen Union werden. Man werde nur mit gemäßigten politischen Parteien zusammenarbeiten, versprach Lucke, die keine Meinung haben. Quatsch: »…die eine ähnliche Grundhaltung haben: kritisch gegenüber der gemeinsamen Währung, konstruktiv-kritisch gegenüber der Europäischen Union. «
Macht und Möglichkeiten
Der Begriff »konstruktiv «, den Lucke für sein Verhältnis zur EU benutzte, heißt »aufbauend «. Eine »konstruktive Kritik « ist eine »verbessernde Kritik «. Will die AfD also nur noch der Feintuning-Betrieb für die EUdSSR werden? Frau Schausten ist jedenfalls schon mal zufrieden. Noch ein bisschen weichkochen, und dann kann man die Partei vielleicht sogar im ZDF-Fernsehrat dulden.
Aber beim Namen hätte sie den Beelzebub denn schon noch gern genannt: »Wenn wir‘s kurz konkretisieren können. Das heißt, Sie würden wiederholen, dass sie nicht mit der UKIP-Partei in Großbritannien zusammengehen und auch ein Angebot etwa der Front National aus Frankreich ablehnen würden – ja oder nein? « Eine inquisitorische Frage: Wie kommt die Frau darauf, den Vorsitzenden einer soeben ins Europaparlament gewählten Partei derartig festnageln zu wollen?
Schließlich muss der seine Strategien in den kommenden Wochen und Monaten ja wohl erst einmal ausarbeiten und sich mit den verschiedenen Parteien vertraut machen.
Dachte man jedenfalls. Genau eine solche Antwort hätte man auch von Lucke erwartet: Dass er erst einmal Gespräche führen müsse und Zeit brauchen werde. Aber nichts dergleichen: »Ja, selbstverständlich «, macht Lucke gleich Männchen: Die bösen »Rechten « und »Rechtspopulisten « sind natürlich »pfui «. »Brav «, beziehungsweise: »gut «, lobt Frauchen Schausten vom ZDF-Parteienfernsehen – wie eine Mutti, die ihrem Kind einschärft, mit dem neuen Spielzeug bloß nicht gleich zu den bösen Nachbarn zu rennen.
Politischer Kaspar Hauser
Wobei man nicht vergessen darf: Der Mann ist natürlich auch nur ein Mensch. Er steht enorm unter Druck – vermutlich seit vielen Monaten. Der Boden wird heiß unter seinen Füßen. In seinen Händen bündeln sich plötzlich Macht und Möglichkeiten. Er hat beachtliche Wählerpotenziale mobilisiert und könnte noch weit größere auf die Beine bringen. Er ist wie ein Footballspieler, der mitten im gegnerischen Spielfeld plötzlich die Pigskin in den Händen hält. Da kann man schnell zum Opfer von Foul Play werden. Erfolgreiche »Rechtspopulisten « wie er hatten in Europa schließlich schon ganz »destruktive « Unfälle mit dem Auto oder mit dem Fallschirm.
Man sei in der Mitte, Mitte und nochmals in der Mitte, betont Lucke. Dass er auch mit den Kommunisten nicht zusammenarbeiten will, ist da schon weniger interessant. Da hört Schausten kaum noch zu. Links ist man schließlich selber. »Wir werden nicht mit irgendwelchen rechtsradikalen oder rechtspopulistischen Parteien zusammenarbeiten «, verspricht Lucke. Ja, man werde mit überhaupt niemandem reden und davon abgesehen ein Büro im Keller des EU-Parlaments beziehen, um sein Dasein als politischer Kaspar Hauser zu fristen.
Na gut: Letzteres hat er nicht gesagt. Aber die AfD verweigert sich offensichtlich der historischen Strömung, die sich auf die Interessen ihrer eigenen Völker zurückbesinnt und dem EU-Monster die Stirn bieten will. Sie will offenbar nicht einmal ergebnisoffen mit dieser Strömung Kontakt aufnehmen, um verschiedene Möglichkeiten auszuloten, sondern legt sich von vorneherein fest, mit niemandem aus dem »rechten Lager « zusammenzuarbeiten. Wobei, was rechts ist, natürlich der Mainstream definiert.
Für frühere und potenzielle Wähler ist das keine Empfehlung. Nur die Staatsmedien sind zufrieden. So gibt es für das Kunststückchen von Schausten denn auch ein zufriedenes »Schönen guten Abend, Herr Lucke « als Belohnung. Das war schließlich alles, was sie hören wollte.
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Gerhard Wisnewski
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